laut.de-Kritik

Catchy, okkult, kein Stück modern: eine Zeitreise.

Review von

Die Dänen sind musikalisch immer wieder für Überraschungen gut. Neuestes Beispiel: Demon Head. Die Gründung 2012 hört man den Kopenhagenern nicht wirklich an. Vor vierzig Jahren waren die Bandmitglieder vermutlich noch nicht einmal gezeugt, auf "Ride The Wilderness" präsentieren sie sich trotzdem unzweifelhaft als Kinder dieser Zeit.

Staubiger als Kyuss (denn die gab es in den Siebzigern schließlich noch nicht) grasen Demon Head auf den Doom-Weiden, wandern durch die Ahnenhallen des Heavy Metal und Rock und atmen das, was später Stonerluft werden sollte, irgendwie ganz ohne stoned zu sein. Die Blues-Standarte weht stolz im Wind.

Parallelen sucht man neben den obligatorischen Black Sabbath am besten bei Danzig (auch stimmlich), Pentagram, John Garcia (musikalisch, nicht gesanglich) oder Kadavar. Auch die Produktion des Albums verweist auf vergangene Tage. Von Distortion haben die Gitarren noch nie etwas gehört, grooven stattdessen nur leicht angezerrt am unaufdringlichen Schlagzeug und dem kriechenden Bass vorbei.

Songdienlichkeit steht bei dem Quintett an erster Stelle. Dementsprechend hält sich die Rhythmussektion eher zurück, Sperenzchen überlässt sie den Gitarren. Auch die bauen jedoch zuallererst immer den Song auf, bevor sie sich, gerne auch zu zweit, in Solomelodien stürzen. Ein gelegentlicher Wah-Einsatz darf natürlich nicht fehlen. So presst sich beispielsweise ein fieses Wabern durch "The Greatest Lie" und untermalt die okkulte Schwere, die der besungene "master of illusion" mit sich bringt. Den besonderen Touch verleiht dem Song Tamburinklingeln, das auch einigen anderen Stücken Würze gibt.

Höhepunkt der Scheibe bildet das Mitteltrio. "Ride The Wilderness" schwingt sich am Ende in ein herrliches Twin-Solo. Bass und Schlagzeug legen die fette Basis, das Tamburin klopft, die Gitarren spielen sich in dreckige Ekstase, vergessen am Ende aber auch nicht, den Kreis wieder zu schließen. "Book Of Changes" ist zwar der kürzeste, aber auch der vielseitigste Track des Albums. Er beginnt unglaublich düster dank seines beschwörend langsamen Doom-Parts und endet auch so. Im Kern findet sich aber – Achtung: Tempowechsel! – ein strammer Mittelteil, der ähnlich wie in "Paranoid" gut nach vorne geht.

Die Bandhymne "Demon Head" startet hernach mit fetter Orgelunterstützung. Diesmal gilt: Scheiß auf Up-Tempo! Der schleppende Grundtenor zieht sich bis zum Ende. Beharrlich hämmert der Drummer seine Viertel. Geschickte Arrangementverdünnung bzw. -verdickung verhindert, dass die Langsamkeit automatisch Langeweile generiert.

Dazu trägt natürlich auch die Catchiness bei, die sämtlichen Songs trotz Längen von bis zu achteinhalb Minuten anhaftet. Die Nase vorn hat in diesem Punkt das Anfangsdoppel "Undertaker" / "Winterland". Unterstützende Gitarrenläufe sorgen dafür, dass sich dessen Refrains sofort einbrennen: "I've been waiting for you / And I've been dying to meet you" oder "Welcome to winterland" singt ihr bestimmt noch öfter.

Als Kontrapart zum verhältnismäßig forschen Einstieg bietet "Worthless" zum Abschluss den Gipfel in Sachen Zeitlupenriffs. Zumindest fünf Minuten lang. Dann nämlich ist es Zeit für das große Finale. Kurzer Neuaufbau, Sänger Ferreira Larsen bricht aus sich heraus, die Leadgitarre hört gar nicht mehr auf mit Pull-Offs, die zweite kommt kanonartig hinzu.

Bis zum Fade-Out duellieren sich Gjerlufsen und Gjerluff Nielsen und machen Lust auf hoffentlich bald genießbare Livekonzerte. Dort dürften sich alte Kuttenträger und junge Retroentdecker gleichermaßen wohlfühlen. Demon Head haben zwar kein Stück Moderne in sich. Dafür transferieren sie mit hörbarer Hingabe den Flair des Heavy-Ursprungs ins Jetzt - und das einfach verdammt gut.

Trackliste

  1. 1. Undertaker
  2. 2. Winterland
  3. 3. Revelations Of April
  4. 4. Ride The Wilderness
  5. 5. Book Of Changes
  6. 6. Demon Head
  7. 7. The Greatest Lie
  8. 8. Worthless

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LAUT.DE-PORTRÄT Demon Head

Kopenhagen, 2012. Okkulte Rituale scheinen sich endlich ausgezahlt zu haben. Die Geister der frühen Siebziger erheben sich wieder, fahren in die Körper …

1 Kommentar

  • Vor 9 Jahren

    Recht charmantes Werk. Und wie schon hier im Biographie-Text erwähnt: "Sie haben ein wichtiges Schlüsselelement beachtet, das viele andere ignorieren: den Swing. Egal wie hart und schwer ein Black Sabbath-Song sein mag, Bill Ward und Geezer Butler sorgen immer für den Swing." - Genau das trifft es, Demon Head schaffen es tatsächlich das swingende, shuffelnde Element zu integrieren. Im Gegensatz zu fast allen anderen Stoner/Doom-Bands. Der Gesang erinnert mich aber fatalerweise ein wenig an die unerträglichen Franz Ferdinand.. Seis drum. Schöne 70er-Zerre insgesamt. 4/5