laut.de-Kritik
Der Blutmond steht über dem Sunny State.
Review von Mirco LeierWährend vielen wohl immer noch der Neujahrs-Kater in den Knochen hängt und selbst die größte Sportskanone noch mit D-Böller-verschuldetem Ohrensausen kämpft, zeigt sich Florida's Finest Denzel Curry schon zum Jahresbeginn hungrig wie zehn Wölfe und eröffnet die neue Dekade mit einem zünftigen Throwback.
Lange ist es her, seit ich das letzte Mal durch den Mixtape-Morast auf Datpiff.com gewatet bin, doch Denzels "13lood 1n + 13lood Out" betitelter DJ-Mix führte mich einmal mehr in die Höhle des mit nervigen Name-Tags gebrandeten Hip Hop-Löwen. Das fünfzehnminütige Projekt umfasst, so Curry in der Videobeschreibung auf YouTube, "past, present and future". Mit der in sich überraschend schlüssigen Compilation aus Demos, Freestyles und Songskizzen schlägt Denzel gleichermaßen die Brücke zu seinen Raider-Klan-Anfängen, wie er auch die moderne Soundcloud-Ästhetik bedient. Kein Song dauert länger als zwei Minuten.
Das klingt wie ein eine noch aggressivere Lofi-Version seiner "13"-EP und weckt unmittelbar Assoziationen zu Memphis-Acts wie Three 6 Mafia und seinem ehemaligen Mentor Spaceghostpurrp. Besonders das "Intro" und "Charlie Sheen" atmen den Sound dieser vergangen Ära mit jedem Schlag der vernebelten Drummachine. "Evil Twin" dreht hingegen genüsslich einen Westcoast-Lowrider-Banger durch den Fleischwolf und macht leckeres Nu Metal-Hack daraus.
Während uns der Rapper auf "Zuu" noch mit auf eine Reise durch seine Nachbarschaft nahm, sehen wir diese Viertel nun bei Nacht. Der blutrote Mond steht über dem Sunny State: "You a bitch, your momma's a bitch and I'm killing you all." Zusammen mit seiner Clique jagt uns Denzels Alter Ego Zeltron verwinkelte Gassen entlang und kommt mit jedem neu einsetzenden Arpeggio-Flow ein Stück näher. Lediglich "Welcome To The Future" gestattet eine kurze Verschnaufpause von all den gnadenlos vorgetragenen Reimfolgen, auch wenn es nicht lange dauert, bis Feature-Gast Xavier Wulf aller Melodik ein schnelles Ende bereitet.
Dahingehend ist er nicht der einzige. Geladen sind außerdem Ghostemane, Zillakami und AK von den Underachievers, und sie alle bringen ihr absolutes A-Game. Das geht stellenweise sogar so weit, dass vor allem die erstgenannten dem eigentlichen Hauptdarsteller kurzzeitig die Show stehlen.
Doch trotz all der Lorbeeren muss man sich daran erinnern, dass es sich hierbei nur um ein semi-offizielles Projekt handelt, das sich folgerichtig ab und zu auch entsprechend unfertig anhört. Besonders "PXSH6XD SHXT" fällt mit seinem verträumten Cloudrap-Beat eher negativ auf und wirkt lediglich wie ein überlanges, überflüssiges Intro für das großartige "Ta13oo"-Überbleibsel "No Pen No Pad". Aber, then again: Selbst Denzels unterdurchschnittliche B-Seiten stellen große Teile der Diskographien seiner Zeitgenossen in den Schatten.
"13lood 1n + 13lood Out" ist liebevoll zusammengestickter Fan-Service, entlassen in den virtuellen Äther, um den Desktop und vielleicht auch das eigene Gewissen ein wenig zu bereinigen und gehörigen Anlauf zu nehmen für das, was als nächstes kommt. Glaubt man der Beschreibung, steckt ja auch ein wenig "future" in dieser Viertelstunde. "Imma go crazy for the whole year", rappt Denzel auf "Charlie Sheen". Geht also besser schon mal in Deckung.
1 Kommentar
Gefällt, würde 4/5 geben.
Verstehe nur nicht ganz, wieso ein 12 Minuten Youtube Mix eine eigene Review bekommt.
Und was soll denn bitte der Arpeggio-Flow sein? Ist das eine Eigenkreation von Mirco oder gibt es den wirklich?