laut.de-Kritik
Punk-Rock galore - Neues vom Alten.
Review von Klaus Teichmann2001 noch dreckigen Punk-Rock spielen? Immer noch einfach nur wütend sein auf die Verhältnisse? Anklagen, abgrenzen und zornig gegen alles anschreien? "Widersprüche, Widersprüche", singt Schorsch Kamerun. Die Goldenen Zitronen wissen es wohl selbst, sie setzten sich argen Widersprüchen aus. Doch auch "Schafott Zum Fahrstuhl", die mittlerweile achte Platte der Hamburger Polit-Punks, hält sie alle aus.
Der Sound ist der gleiche geblieben, aggressiv wird darauf losgeschrammelt – schnörkellos, keine Kompromisse. Dem Zwang, sich scheinbar anspruchsvollen elektronischen Spielereien hinzugeben, setzen sich die Zitronen auf ihrem neuen Werk nicht aus. Wie man sie kennt eben, "ich wollte immer woanders sein, da wo ihr nicht seid". Schorsch Kameruns Gesang klingt immer noch herrlich schrill. Bis auf Hans Platzgumer ist die Besetzung unverändert. Der nahm sich eine Babypause, dafür greift Mense Reents zum Bass. Verstaubt und betonköpfig sind sie dennoch nicht, eher geben sie sich auf den 13 neuen Stücken wieder betont selbstreflexiv.
Mit dem Song "Von Der Schwierigkeit, Die Regierung Stürzen Zu Wollen", das schon auf der 1990 erschienen Platte "Fuck You" war, drehen sie sich sogar so stark um die eigene Achse, dass sie ein eigenes Stück covern. Klamauk, immer schon die Stärke der Politband mit Glitzer im Haar, darf auch diesmal wieder sein. Die ersten vier Lieder sind in strengem Punk-Rock-Style, ganz so, als wolle man erst einmal zeigen – hallo, es gibt uns noch. Bei den Stücken "Das Comeback Des Tempomat" und "Die Axt" geht es dann auch einmal weniger straight – Synthie-Pop-Gefiepse galore.
"Wie’s Weltmenschheit sonst so ergeht, ist uns scheißegal", werden die klassischen Zitronen-Motive wieder hochgezogen, das Hamsterrad, in dem sich alle stumpf im Kreise drehen – immer noch ein Thema. Dem Altersstarrsinn entgehen sie jedoch erfolgreich, eher macht es Spaß zu hören, wie auch die mittlerweile etwas älteren Zitronen immer noch findig an ihrer Form von musikalischer Protestästhetik weiterbasteln. Die besungenen "World Wide Dotcom Popper" sind so ein bisschen Selbstbeschreibung und ein bisschen Projektionsfläche, um sich abzugrenzen – der geplante "Börsengang noch in diesem Jahr", bleibt für die Zitronen aber eher durchgängig belächelungswürdig.
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