laut.de-Kritik
Mehr Albtraum als Traum.
Review von Simon LangemannOberflächliche Betrachter locken Die Nerven aus Stuttgart problemlos auf den Holzweg. Nicht nur, dass der Bandname eine Steilvorlage zum Schenkelklopfen bietet. Auch der Albumtitel "FUN" kommt ungemein euphemistisch daher, verarbeitet der Zweitling doch vor allem Unwohlsein, Realitätsflucht und gesellschaftliche Zwänge. "Es ist mehr Albtraum als Traum."
Dabei behandeln die Tracks weniger konkret Politisches, als den generellen Wunsch nach Ausbruch aus der alltäglichen Platzangst, von der schon allein Songtitel wie "Ich Erwarte Nichts Mehr" oder "Blaue Flecken" zeugen. "Wer ich bin, ist nicht so wichtig / Hauptsache, man lässt mich in Ruh' / Tagsüber streife ich durch die Straßen / ohne Weg und Ziel". Es verwundert kaum, dass Frontmann Julian Knoth sich vor allem eines wünscht: "Eine Minute Schweben".
Spätestens wenn er sich im düster schleppenden "Nie Wieder Scheitern" unablässig "eine Welt aus Cellophan" herbeisehnt, mündet die Wut in bedrückende Resignation: "Manchmal wache ich grundlos auf / die Stille ist zu laut / der Lärm ist zu leise / Wie ohrenbetäubend muss ich noch werden / bis auch du in keinster Weise / mehr an meiner Dringlichkeit zweifelst?".
Mit dem Stempel Punk kommt man vielleicht der Attitüde und der Energie des Trios bei, der musikalischen Umsetzung jedoch nicht mal ansatzweise. Denn trotz aller Intensität besticht die Spielweise der Schwaben mit einer entwaffnenden Lässigkeit. Sicher, kraftvolle bis krampfhafte Downstroke-Salven à la Turbostaat und Love A haben ihren besonderen Charme.
Bei den Nerven verkörpern die Riffs dagegen bei aller Härte immer ein gewisses Gefühl von locker-aus-dem-Handgelenk. Einige Gitarreneffekte stellen dabei eine schwer zu verleugnende Nähe zum Postpunk her - ähnlich wie zuletzt bei der befreundeten Gruppe Messer, und doch irgendwie ganz anders.
Mal in Höchstgeschwindigkeit ("Angst"), manchmal tanzbar ("Rückfall") und gegen Ende sogar akustisch ("Girlanden"): Die Nerven feuern auf ihrem Zweitling einen abwechslungsreichen wie kompakten Zehnerpack ab, bei dessen vielschichtigem Noise-Charakter man sich schwer entscheiden kann, ob er nun auf akribischer Detailarbeit gewachsen ist - oder eben doch auf Intuition und Spontaneität.
So oder so: Die Spielfreude merkt man ihnen bei aller Giftigkeit in jeder Sekunde an. Vielleicht liegt ja genau darin der Albumtitel vergraben.
5 Kommentare mit 14 Antworten
Spielfreude ist noch untertrieben. Unbedingt live ansehen. Grandios
Meine Meinung zum Album habe ich hier kundgetan
http://horstdesiato.blogger.de/stories/236…
in einem offnen Brieg, soso.
Danke, Dad.
@speedymcs aber sicher Brieg. Brieg ist toll, Brieg ist die Zukunft...
Schämst du dich nicht so was zu verlinken?
Ja Sicher doch, wie du siehst bin ich schon ganz rot im Gesicht.
Ist nicht persönlich gemeint, aber muss man denn für jeden geistigen dünnpf**** einen block erstellen?
Heutzutage anscheinend schon, es scheint sich echt fast jeder ständig mitteilen zu müssen.
Geistiger dünnpf sollte nicht auf einen Block, Recht hast Du. Glücklicherweise habe ich einen Blog.
@Horst: was soll mir dein letzter kommentar sagen?
Dass Horst dum ist.
" Alles auf Horst !!!"
Tut mir leid, auch für den jetzt schon abgehangenen Gag, aber die Nerven. Kann bei der Band beim besten Willen nichts tolles finden. Scheinen aber die neue Kritiker-Lieblinge zu sein. Öde.
Nicht, wildfang? Das ist schade, ich finde das Album nämlich auch sehr sehr geil. Ich werd' mich auf jeden Fall mal um die bereits vorangegangen Alben kümmern müssen.
fluidium kann ich dir nur empfehlen, meines erachtens sogar besser als fun, da es bissi rotziger ist.aber geschmackssache
Alles klar, dann knöpf' ich mir das zuerst vor. Danke für die Schützenhilfe!
Die Nerven !
ich werde mir die mal nächste Woche in Berlin Live angucken......bin schon bissel gespannt...