laut.de-Kritik

Ein konstanter Coitus interruptus.

Review von

Nach "Expedition Ins O" verabschieden sich Die Tentakel Von Delphi erst einmal von Diskurs-Hip-Hop und ihrem Käptn Peng. Letzterer darf auf diesem rockenden Soundtrack zum Film "Alki Alki" nur noch als Gaststar auftreten. Ansonsten erkennt man die Band kaum wieder. Ihre Platte bleibt überwiegend instrumental und probiert diverse Stile recht gitarrenbetont aus.

"Alki Alki" ist ein intensiver und anrührender Streifen über den Alkoholismus seiner Hauptfigur Tobias. Vom unbeschwert komödiantischen Beginn bis zur Mündung in Tragödie und Katastrophe kommt die Emotionalität ohne erhobenen Zeigefinger aus. Verbunden mit Bildern und Handlung erfüllt die Musik der Tentakel hier einigermaßen ihren Zweck. Als eigenständiges Kunstwerk außerhalb des Zelluloid-Rahmens überlebt die Platte jedoch nicht.

Zwar merkt man der Berliner Truppe ihr musikalisches Potenzial und die Neugier auf breite stilistische Vielfalt an. Leider wirkt alles Gewagte skizzenhaft unfertig, verharrt im Ansatz und amateurhafter Harmlosigkeit. Im Filmkontext mögen die Schnipsel zur Untermalung einzelner Szenen noch Sinn ergebenen. Für den entkoppelten Genuss ist es zu wenig.

Die 22 Tracks weisen allesamt kaum mehr als ein bis eineinhalb Minuten Spielzeit auf und versetzen den Hörer in einen konstanten Coitus interruptus. Damit verhindern sie ein Eingrooven und ersticken selbst richtig gute Rockmomente wie "Alkis Im Club", bevor diese sich recht entfalten. Die Stücke bleiben im Larvenstadium stecken, was ihnen ihre Ausstrahlung raubt.

Die Idee eines wiederkehrenden Bezugs zum Italo-Western ist grundsätzlich gut erdacht. Hier fehlt gleichwohl die entscheidende Prise Dreck und Ironie, die dem Genre eigen ist. Auch das Songwriting lässt, nicht nur hier, zu wünschen übrig. Stattdessen gehen Nummern wie "Hier Sind Die Schlüssel" an ihrer eigenen Harmlosigkeit zugrunde. Übrig bleibt schlaffe Soße der Marke Milchbubi-Morricone.

Lediglich beim wirklich gefühlvollen "Du Störst Total" wachsen Die Tentakel von Delphi mit einem atmosphärischen Hauch Durutti Column weit über sich hinaus. Warum nicht immer so inspiriert? Man möchte ihnen als Hausaufgabe die melancholische Spaghetti-Western-Glanztat von Ronin aufgeben und diese auch dem Publikum als Alternative anbieten.

So richtig furchtbar wird es erst mit den gelegentlichen Gesangeinlagen. Texte wie "Tobias Mag Flasche" kommen über infantil retardiertes Beleuchten der Alkoholsucht samt deplatziertem Ernie & Bert-Vergleich nicht hinaus. Die hingeleiert vernölten Vocals und das schaurige Geklampfe sind nicht entfernt der Rede wert. Mit fertiger Produktion oder gar gewollter Low-Fi-Coolness haben solche Nichtigkeiten nichts zu tun. Bei fast jeder Schülerband wäre so eine Zumutung im Papierkorb des Übungskellers gelandet.

Das ändert sich erst mit dem Auftauchen von Lead-Rapper Käptn Peng. Er hebt das Niveau schlagartig, leider erst im letzten Song. Bis dahin hat die Crew das Schiff längst versenkt.

Trackliste

  1. 1. Gossenbossa
  2. 2. Na Dann Los
  3. 3. Hier Sind Die Schlüssel
  4. 4. Spreepark
  5. 5. Tobias Mag Flasche
  6. 6. Huckepack
  7. 7. Du Störst Total
  8. 8. Alkis Im Club
  9. 9. Tschüss Kinder
  10. 10. Dank Mir
  11. 11. Garten Edel
  12. 12. Du Fährst!
  13. 13. Ist Schon Gut
  14. 14. Ich Zähl Auf Sie
  15. 15. Wir Schaffen Das
  16. 16. Scherbenhaufen
  17. 17. Nach Schwan
  18. 18. Desiderata (100 Tage Urlaub Version)
  19. 19. Dann Hör Ich Auf
  20. 20. Katerfrühstück
  21. 21. Trink Trink
  22. 22. Nicht Gehandelt

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