laut.de-Kritik
Blutiger Abgesang auf tumbe Western-Klischees.
Review von Ulf KubankeRonin ist mittlerweile das Hauptprojekt des ebenso vielseitigen wie produktiven italienischen Multiinstrumentalisten Bruno Dorella. Kennt man ihn sonst als indie-rockenden Saitenzauberer, kommt er uns zum Jahreswechsel mit einer bunten und vielköpfigen Truppe. Gemeinsam treten sie an, den Spaghetti-Western musikalisch zu reanimieren.
Das neue - erneut gesangslose - Album der Band ist bereits das zweite in ihrer Geschichte. Die Italiener haben jedoch nichts zu tun mit den für ihr Land typischen Musik-Klischees. Vielmehr haben sie sich ganz klar einem Stil verschrieben, der sehr deutlich an den alten Meister der Filmmusik - Ennio Morricone - angelehnt ist. Dennoch braucht man zum Glück weder talentloses Plagiat noch Epigonentum zu fürchten.
"L'Ultimo Re", der letzte König, lädt den Hörer ein zu einer epischen Reise durch karg staubige Wüsten, sengende Hitze der Sierra und nächtliche Lagerfeuer-Stille. Wer hier nun derben Square-Dance-Country erwartet, wird enttäuscht sein. Es ist die Entdeckung der Langsamkeit, die Dorella ausgiebig zelebriert. Das Titelstück, "Lo Spettro" und der finale Königstod "Morte Del Re" fließen zäh wie Lavaströme durch den Gehörgang.
Diese schleppenden Momente haben gleichwohl nichts Zerbrechliches oder gar Kraftloses an sich. Unaufhaltsam und mächtig formt sich jede Skizze am Ende zu einem vollblütigen Soundgemälde. Freunde des gepflegten Kaktus-Ambient à la Calexico sollten hier ein Ohr riskieren. Ebenso erinnern die fast schon doomig wirkenden Passagen angenehm an eine Western-Inkarnation der heimischen Depri-Jazzer "Bohren Und Der Club Of Gore.
Zwischendrin ziehen Ronin das Tempo mit "Venga La Guerra" (Der Krieg Beginnt) gern ein wenig an. Richtige Fiesta-Stimmung mag dennoch nicht aufkommen. Und das ist gut so! Die Hollywood-Glorie prahlerischer Revolverhelden liegt in weiter Ferne. Diese neun Tracks bleiben Gefangene von Schmerz, gewaltsamem Tod und dämonisch rauher Natur. Ein blutiger Abgesang zerschlissener Staubmäntel auf tumbe Western-Klischees!
Die Niedergeschlagenheit der Gunslinger transportieren Ronin - vor allem Dorellas Gitarre - mit klanglicher Wärme und hypnotischer Intensität. Dieser Umstand vollendet das Werk zum perfekten Allroundtalent: Man kann sich in dieser Schallplatte verlieren; man kann sie auch beim Kaffeetrinken nebenbei laufen lassen. Sie wird die Atmosphäre in jedem Fall an sich reißen.
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