laut.de-Kritik

Zwei Deutsche erwecken French House zu neuem Leben.

Review von

Vier Takte Snare lassen Digitalism aus ihrem Rechner, danach gibt es voll auf die Zwölf. "Magnets" mit seinem stumpfen Bass und seinen stark verzerrten Soundeffekten zeigt, wie abwechslungsreich die nächsten 53 Minuten sein werden. Sanfte, fast schon entrückt-träumerische Parts wechseln sich mit harten Elektro-Bangern ab.

Keine Frage, im Juni 2007 bricht die second wave of French House mit Albumreleases von eben Digitalism und Justice (deren mit einem Kreuz betitelten Album kommt in zwei Wochen auf den Markt) über uns herein. Oben auf der Welle reiten lustigerweise zwei Deutsche. Jens Moelle und Ismail Tuefekci sind Digitalism und beim französischen Label Kitsuné unter Vertrag. Das mit Acts wie Cassius und vor allem Daft Punk lieb gewonnene French House-Genre erfährt also eine Frischzellenkur, aber was sind die Effekte?

Da scheint vor allem mehr Aggressivität zu sein, sowie einige Ideen in der Soundvariation. Wirkte beispielsweise Daft Punks "Homework" mit seinen langen Tracks mitunter doch arg monoton, ist auf "Idealism" Abwechslung angesagt. Der längste Track "Zdarlight" dauert gerade mal gut fünf Minuten, und auch hier werden so viele verschiedene Sounds wie möglich herein gepackt. Doch gerade hier hört man, wo Jens und Isi ihre Inspiration herholen.

"I Want I Want" greift das Thema von "Zdarlight" mit leicht erhöhter Geschwindigkeit und mit E-Gitarre wieder auf. Einige Tracks auf "Idealism" besitzen tatsächlich so etwas wie Songstrukturen, an Gesang fehlt es nicht. Dennoch haut das Hamburger Duo zwischendurch zielsicher auf die Kacke. Beziehungsweise auf ihre Synthies, Moogs, Rechner und sonstigen Effektgeräte und walken mit Nummern wie "Idealistic" ordentlich des Hörers Synapsen durch.

Dass dieser Track ebenso wie "Zdarlight" und "Jupiter Room" schon ein paar Tage auf dem Buckel hat, stört wohl nur den Connaisseur, sie fügen sich anstandslos ins Album ein. Sehr schön auch das Cure-Sample in "Digitalism In Cairo". Geschickt leitet "Departure From Cairo" zur treibenden Single "Pogo" über. Sicher einer der zugänglichsten, aber auch besten Tracks des Alben. "We could get so wasted if you bring it on!"

Nach diesem Hammer braucht man ein paar Minuten Erholung, doch mit "Anything New" nimmt "Idealism" verhältnismäßig sanft wieder Fahrt auf. "The Pulse" erhöht gegen Ende dann doch wieder deutlich die Herzfrequenz, bevor man sich in der "Homezone" auf der "biggest party ever" wiederfindet. Vertrackt und mit altertümlich anmutenden Synthie-Sounds gehts in der Apollo zum Jupiter. Der Anflug gestaltet sich noch atmosphärisch dicht, im "Jupiter Room" treffen Digitalism dann noch mal auf die Mentoren von Daft Punk und treten den Hörer mächtig in den Allerwertesten. Auch ganz am Ende, als "Echoes" gedämpft aus dem Album heraus geleitet, fühlt man sich noch einmal liebevoll an Nummern wie "Revolution 909" erinnert.

"Idealism" ist ein höchst unterhaltsames Album mit Tracks für den Club oder die WG-Party, bei der alle in der Küche herumstehen. Irgendwo zwischen French House, Elektropop und in manchen Momenten auch schlichten Synthiepop-Anleihen angesiedelt, macht dieses Album höllischen Spaß. Mehr erwartet man fürs Wochenende doch gar nicht.

Trackliste

  1. 1. Magnets
  2. 2. Zdarlight
  3. 3. I Want I Want
  4. 4. Idealistic
  5. 5. Digitalism In Cairo
  6. 6. Departure From Cairo
  7. 7. Pogo
  8. 8. Moonlight
  9. 9. Anything New
  10. 10. The Pulse
  11. 11. Home Zone
  12. 12. Apollo-Gize
  13. 13. Jupiter Approach
  14. 14. Jupiter Room
  15. 15. Echoes

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