laut.de-Kritik
Ein wolkenverhangenes Schlaraffenland.
Review von Manuel BergerInnerhalb weniger Jahre etablierten sich Dool als einer der vielversprechendsten neuen Acts der düsteren Heavy Rock Szene. Auf ihrem Debüt wandelten sie 2017 mit schon damals hörbarer eigenen Identität im Dunstkreis zwischen Avatarium, Gold, Black Sabbath und Blue Öyster Cult und kletterten damit in zahlreichen Bestenlisten hoch empor. Nun öffnen sich die Niederländer deutlich mehr Einflüssen und schaffen einen Siedepott kreativer Energie. Man braucht länger als bei "Here Now, There Then", um sich darin zurechtzufinden – doch je tiefer man eintaucht, desto mehr entfaltet dieses musikalische Schlaraffenland seine Pracht.
Den Begriff 'Summerland' entlehnte Bandleaderin Ryanne van Dorst heidnischer Mythologie. Dort symbolisiert er eine Form des Jenseits. Statt über ein Leben nach dem Tod nachzudenken, wollte van Dorst jedoch ausdrücken, wie man ein vergleichbares Paradies in der Gegenwart schaffen könnte – sei es durch bewusstseinserweiternde Substanzen, Meditation oder Sex. Entsprechend psychedelisch fällt die Musik oft aus, durchsetzt mit ekstatischen Steigerungen. Die achteinhalb Minuten des Titeltracks krönen Dool mit einem epischen Melodienklimax, nachdem sie sich zunächst minutenlang in balladeskem Doom geräkelt haben. Geisterhafte Vocals betören, die schweren Riffs dringen durch die Poren wie Dampf in einer schamanischen Schwitzhütte.
Drei Gitarristen haben Dool für breitwandige Harmoniegebilde im Lineup und kosten diese entsprechend aus. Lange Instrumentalpassagen prägen selbst verhältnismäßig kompakte Stücke wie "A Glass Forest" und "The Well's Run Dry". Auch rhythmisch bieten sie dabei einige Leckerbissen. Durch "Wolf Moon" grooven sie stellenweise im 7/4-Takt, "God Particle" bestreiten sie in 5/4, immer lässig wippend, nie verkopft. Der Vergleich zu ihren Namensverwandten mit T, bleibt weiterhin rein wortklauberischer Natur.
Allerdings wagen sich Dool mit "God Particle" in auf dem Debüt noch unerforschte Gebiete. Sie starten den Song akustisch, schielen inklusive passender Percussion gen orientalische Volksmusik. Davon ausgehend verfallen sie in hypnotischen Groove. Das Fokuselement wechselt in dem vielschichtigen Arrangement ständig. Erst sind es Handclaps, dann ein forsch herantastendes Single-Note-Riff, dann der Bass, dann übernimmt van Dorst am Mikro die Führung, dann ein atmosphärisches Tremolo, und so weiter – bis am Ende alle ihre Kräfte bündeln und waschechtem Post Rock frönen. Was für eine Dynamik!
Doch längst nicht nur diese üppigen Momente zeichnen Dool auf "Summerland" auf. Am wohl unerwartetsten kommt "Ode To The Future", ein (leicht gepimptes) Singer/Songwriter-Stück mit Lagerfeuer-Feeling. Mit seiner trockenen Hook und unaufdringlichen, sehr songdienlichen Gitarrenarbeit hat der Track Potenzial zum Underground-Hit. Lyrisch schlägt van Dorst hier als kleines Schmankerl den Bogen zurück zum Debütalbum: "Got my third eye on the future / And my fourth on the past / I will meet you at the threshold / But I wanna come prepared / And I know you will wait for me / Here Now, There Then / I'll see you in the Summerland".
Der stilistischen Varianz entsprechend agiert van Dorst auch stimmlich vielseitiger als noch beim Debüt. Mal säuselt sie sanft und träumerisch, mal bellt sie grimmig, mal wird sie zum kraftvollen melodischen Gravitationsfeld. Mit ihrem eigenwilligen Ausdruck trägt sie wesentlich dazu bei, dass Dool auf "Summerland" trotz großer Spannweite immer nach Dool klingen. Die neun Songs bergen enorme Abwechslung, doch allen wohnt dieselbe Art Mystik inne, gespeist aus denselben pulsierenden Klangfarben. Die Erwartungen nach "Here Now, There Then" waren hoch, doch Dool werden ihnen absolut gerecht.
4 Kommentare mit 4 Antworten
Dachte schon, wenn man so nen doofen Namen hat, muß die Musik besonders geil sein. Leider ist sie dann doch sehr generisch. Wie es halt so ist, wenn man legendäre Rockbands zitiert (siehe: Greta Van Fleet).
Dieser Kommentar wurde vor 4 Jahren durch den Autor entfernt.
Aaaaaaber: Die Scheibe kann schon mal sehr viel mehr als das Debüt. Von der relativ drögen Single "Wolf Moon" sollte man sich nicht komplett abschrecken lassen.
Greta war richtig schlecht. Man merkte auch direkt dass dei MI schon die Presswerke warm laufen ließ, das Teil lag ja in jeder Auslage und da wurden ein paar Promogelder versenkt. Vergebens, weil es einfach nix war.
Greta van Fleet sind eine verdammte Zumutung, ja.
Dieser Kommentar wurde vor 4 Jahren durch den Autor entfernt.
die Musik IST besonders geil.
Großartige Band, die man live gesehen haben muss. Alleine "Sulphur & Starlight" und "Dust & Shadow" lohnen den Kauf.