laut.de-Kritik
Frau Pesch gibt dem Affen Zucker.
Review von Alexander CordasPowerröhre Doro Pesch ist jetzt seit über zwanzig Jahren im Geschäft. Dieser Anlass soll gebührend gefeiert werden, und so lädt sie alle Fans zum munteren Stelldichein am 13.12. zum Jubiläumskonzert nach Düsseldorf.
An sich ist das jetzt nicht die derbste Ausnahmenachricht, denn es gibt sie immer wieder, die Künstler, die den Zeiten trotzen und sich einer erklecklichen Fanschar sicher sein können. Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, könnte man diese Meldung durchaus zu einem Sensationsbericht aufbauschen. Im traditionell eher männlich geprägten Metal-Business haben es Frauen sehr schwer, sich mit ihrer Musik durchzusetzen. Wenn in letzter Zeit Bands wie Nightwish oder Within Temptation mit weiblichem Gesang Charterfolge feiern, dann haben sie wohl ihre Inspiration auch vom kleinen Düsseldorfer Energiebündel bezogen.
Da Doro jetzt schon so lange im Geschäft ist, wird es wirklich höchste Eisenbahn, die Stationen ihrer Karriere auch auf dem noch relativ jungen Medium DVD festzuhalten. Während all der Jahre ist natürlich viel Material zusammen gekommen, das für die Discs Verwendung findet - dementsprechend prall gefüllt ist das Paket. Teil eins besteht aus dem Konzert, das in den Balver Höhlen stattfand, einem Making Of, sowie allen bisher veröffentlichten Videoclips. Disc zwei kommt mit einem ganzen Batzen an Interviews, Filmchen On The Road und einigen Live-Impressionen.
Das zentrale Stück von "Für Immer", das Konzert in den Höhlen von Balve, einem schnuckeligen 12.000 Seelen zählenden Städtchen, gerät zum Triumphzug. Die anwesenden Fans bereiten der Band um Doro Pesch einen feuchtfröhlichen Abend, und das liegt sicher nicht nur daran, dass es an besagtem Tag aus Kübeln schüttet. Die Musiker bemühen sich um eine professionelle Performance, was ihnen auch durchweg gelingt, selbst wenn Doros Ansagen gewöhnungsbedürftig sind und vor Klischees nur so strotzen. "Hallo Höhle, wie geht's euch?" ist da schon eine lustige Ausnahme. Wer sich den Bonus gibt, die Texte während der Show einzublenden, kommt sogar noch in den Genuss ihrer traditionell dümmlichen Texte. Aber egal. Frau Pesch gibt dem Affen Zucker und feuert ein Highlight nach dem anderen ab. Zwischendrin darf Johnny Dee sogar noch ein Schlagzeug-Solo anstimmen. Da dieser Tage auch die neue Rush-DVD erscheint und dort Neil Peart seine Definition des perfekten Drummings abgibt, muss Dees Version nun wirklich nicht sein.
Die Videos sind eben Videos. Da gibts die eine oder andere tupierte Peinlichkeit aus den Achtzigern zu begutachten. Dabei fällt der Clip zu "Für Immer" in die Kategorie "was war das denn?". Keine Ahnung, ob Doros Zwischenkommentare nur auf der Promo-Ausgabe zu sehen sind, aber ihre Überleitungen haben den Low-Fi-Charme einer QVC-Sendung nachts um halb vier. Zum Schenkelklopfen ist auch die Ankündigung einer Verlosungsaktion zu ihrem "neuen" Album "Fight" (VÖ: 19.08.2002). Ich weiß aber immer noch nicht, wie ich daran teilnehmen kann.
Für Fans sicherlich am interessantesten ist das Bonusmaterial der zweiten Disc, das einen netten Rückblick auf ihre bisherige Karriere erlaubt, inklusive Besichtigung des ersten Proberaums, der des öfteren Land unter vermelden musste. Die diversen Male, bei denen Doro Interviewern Rede und Antwort steht, zeichnen sich durch eine recht miese Soundqualität aus. Hier empfiehlt es sich, die Untertitelfunktion zu aktivieren, damit wenigstens klar wird, worüber da gefaselt wird. Denn viele Statements sind vernachlässigbar und alles andere als interessant. Natürlich hat Doro der 11. September berührt, und zwar so stark, dass sie vom Big Apple nach New Jersey gezogen ist.
Genug gelästert. Wer bislang mit Doro glücklich und zufrieden war, für den ist "Für Immer" ein absolutes 'Must Have'. Wer dagegen bislang nichts mit ihr anfangen konnte: Finger weg!
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