laut.de-Kritik

So klingt Tiroler Indie-Rock auf hochdeutsch.

Review von

Deutschsprachiger österreichischer Indie-Rock, der gar nicht nach Alpenrepublik klingt? Die Tiroler von Dreimalumalpha kommen ohne Dialektik und den damit verbundenen Sprachbarrieren aus, sondern singen ganz "nach der Schrift", wie man in Österreich sagen würde. Also auf hochdeutsch. Ihr Debütalbum "Jugend ans Geld verloren" hat eine Hamburger-Note verliehen bekommen und könnte durchaus den deutschen Nachbarn gefallen.

Dreimal Alpha ... was? Das Trio aus Tirols Hauptstadt Innsbruck hat sich zugegebenermaßen einen sehr sperrigen Bandnamen überlegt – um das gleich am Anfang zu klären. Wie kam's? Beim Brainstorming warf man sich "phonetisch wohlklingende" Worte zu. Simon Rogina, Johannes Hahmann und Thomas Krug hätten sich also genau so gut Viermalumbeta nennen können. Tun sie nicht, dafür ist der Name ihres ersten Albums schon leichter zu merken.

"Jugend ans Geld verloren" erzählt vom "Karussellfahren mit Ingo Blaumann", wenn alles fliegt und sich überschlägt, vom Träumen von früher, aber auch stellvertretend von der klassischen Angst vor der Welt, vor Beziehungen, der Zukunft, der Ungewissheit. "Und wenn es dann funktioniert", ist es fast erstaunlich. Untermauert und begleitet mit einer Mischung aus Indie-Rock und Pop, sowie einige punkige Töne.

Ihre erste EP "Bleib zurück" aus dem Jahr 2018 und die bereits im Vorfeld veröffentlichten Singleauskoppelungen wie "Zu Besuch" wurden mit Bands wie Tocotronic und Tomte verglichen, erinnern den einen oder anderen vielleicht auch an die Anfänge von Madsen. Dreimalumalpha lassen sich mit ihrem klassischen Sound aus E-Gitarre, Schlagzeug und Bass gerne von der Brit-Pop-Ära inspirieren, orientieren sich an Größen wie The-Smith-Gitarristen Johnny Marr, Neil Young und Bob Dylan.

"Zu Besuch" als erste Veröffentlichung des Debüts landete auf Platz 12 der österreichischen FM4-Charts. Mit schwingt die Sehnsucht nach dem Ankommen nach der Revolution. Der Rhythmus kommt zuerst leicht daher, der Text hat aber etwas Schweres, sodass man sich nicht nur berieseln lassen kann und möchte. So ist auch das ganze Album durchzogen von Kapitalismuskritik. Dem Widerstand Jugendlicher gegenüber ihrer Eltern, die alles Verabscheute anders machen wollen. Dann kommt man aber doch drauf, dass man bereits mitten drin steckt.

Leid und Hoffnung spielen eine Rolle, genauso aber Momente, die wir eigentlich schon wieder vergessen haben. Poetische und nachdenkliche Texte, unterstützt von einfachem Indie-Rock, ohne viel drum herum. Mal ruhiger und melancholisch wie in "Wenn die Zeit da ist", dann fordernder und aufmüpfiger wie der Sound in "Ist die Zeit da um zu gehn'", in der Dreimalumalpha noch schnell alle Riffs und Solos auspacken, von denen zuvor im Album eher wenig zu hören war.

Dreimalumalpha sind auf den Inhalt und Aussprache fokussiert - daher gibt es auch keine Dialektik, auch wenn Sänger Simon als gebürtiger Steirer anderes gewohnt sein dürfte. Außer vielleicht bei ein paar Phrasen ist die Herkunft nicht ganz zu leugnen und in Deutschland fliegen sicher nicht "die Fetzn" – wie in "Ohne Theorie keine Revolution". Aber das macht's auch sympathisch und hebt das Trio ab. Dreimalumalpha hegen und pflegen den guten alten Indie. Danke dafür.

Trackliste

  1. 1. Sicherlich nicht
  2. 2. Am Karussell von Ingo Blaumann
  3. 3. Und wenn es dann funktioniert
  4. 4. Fagott
  5. 5. Alles was groß ist
  6. 6. Wenn die Zeit da ist
  7. 7. Zu Besuch
  8. 8. En Ander Woord Voor Akkord
  9. 9. Was ist bloß los
  10. 10. Ohne Theorie keine Revolution
  11. 11. Ist die Zeit da um zu gehn'

1 Kommentar mit 2 Antworten