laut.de-Kritik
Pop-Appeal macht Punkrock sexy.
Review von Mathias MöllerDüsenjäger sind (nicht nur wegen der zwei Umlaute im Namen) eine dieser Bands, die beweisen, dass punkiger Rock auch mit deutschen Texten ganz gut funktionieren kann. Irgendwo zwischen Jupiter Jones und Turbostaat ordnet sich ihre zweite Platte "Schimmern" ein. Und die kann sich sehen lassen. Mit gefälligen, stellenweise sogar anregenden Punkrocktunes der eher poppigen Sorte (im positiven Sinne) unterlegen die Osnabrücker ihre Texte, die mitunter an Hamburg denken lassen.
Die Stimme von Sänger Tobi verleiht den Songs ein gehöriges Maß an Charakter. Wenn er im Opener "Nerdist Breakdown" verkündet, er sei eine "kühle Sau", nimmt man ihm das durchaus ab. Die Themen von Düsenjäger rangieren zwischen Richtungslosigkeit ("Per Anhalter", "Las Palmas O.K."), "Deutschlands Herrenrasse auf der Kegelbahn" ("Schneegestöber") und dem Traum vom Kampf ("Verkauf"). Musikalisch bieten die Stücke Solides, aber wenig Innovatives. Die Geschwindigkeit variiert hier und da, der dargebotene Punkrock setzt voll auf Melodie.
Das klingt nicht sonderlich neu, aber gerade diese Vertrautheit wächst mit zunehmender Laufzeit zu Düsenjägers größtem Joker. Man möchte die Faust in die Luft strecken und mitgrölen. Dazu eignen sich die Songs des Quartetts in der Tat sehr gut. Bier, Schweiß und Tränen, so stelle ich mir die Konzerte von Düsenjäger jetzt vor. Und dann wippt der Fuß ganz von alleine. Pop-Appeal macht auch Punkrock sexy!
Dabei funktionieren Düsenjägers Songs sowohl als treibende Punkrotznummern ("Weissweissweiss"), als auch als poppiger Punkzuckerwürfel. Kontemplativer Höhepunkt des Albums: "Verkauf". Die Überflieger fragen sich hier, warum nicht der Kampf weitergeht, sondern nur der Verkauf. Konsumkritik, die kriegt ihr nicht? Hier schon, wenn auch subtil verpackt. In diesem Sinne: "Kopf hoch, Arsch auch!" Düsenjäger machen zwar nicht den Soundtrack zu irgendeiner Revolution, aber das verlangt auch keiner.
So steht unterm Strich auf der Habenseite: 13 durchaus hübsche Punkrockstücke mit ordentlich Pop-Überzug, einem hohen Maß an Tanzbarkeit und ordentlichen Texten, die zum Mitdenken, aber auch zum Mitgrölen anregen. Die Sollseite: Erkenntnis im Sinne von musikalischer Erleuchtung rollt nicht gerade über den Hörer hinweg. Handwerklich solide bieten Düsenjäger eher bekannte Kost. Wer sich daran nicht stört, hat seinen Spaß.
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