laut.de-Kritik

Die Könige der dunklen Herzen.

Review von

Der Kutter fährt hinaus auf die dunkle See. Es ist Nacht. Der Mond spiegelt sich im schwarzen Wasser. Wir stehen auf der Reling. Schnallen uns einen Bleigurt um und springen. Das Blei zieht runter, immer tiefer. Es wird immer düsterer.

Wir strampeln, wollen nicht ertrinken. Erste Soundblasen zerplatzen an den Ohren. Erste Synthieklänge durchdringen den Kopf. Und statt zu strampeln, beginnen wir zu tanzen: Editors - das sind die Könige der schwarzen Töne und der dunklen Herzen - noch immer.

Keine Frage, es musste dennoch etwas geschehen. Zu lange waren die Vier aus Birmingham mit "The Back Room" und "An End Has A Start" unterwegs und wurden zu einer Art Kopie ihrer selbst: Hatte man zwei Konzerte der Editors gesehen, konnte man getrost auf weitere verzichten.

Das wird nun anders - wie Lieder à la "Papillon" dokumentieren. Die Editors haben kräftig an ihrem Stil geschraubt. Sie sind jetzt noch düsterer, verpacken ihren hallenden Gesang in monströsen Synthietürmen, stellen die Gitarren in den Hintergrund. Und als ob das nicht schon genug der Veränderung wäre, geht besagtes "Papillon" als einer de mitreißendsten Discohits des Herbstes durch.

Trotzdem umhüllt "In This Light And On This Evening" eine pathetische Traurigkeit, wie wir es von den Editors gewohnt sind. Das zeigt sich etwa bei "The Boxer". "This place is our prison / its cells are the bars / so take me to town / I want to dance with the city", fleht Bariton Tom Smith ins Mikrofon.

Auch der Opener bietet kaum Platz für Fröhlichkeiten. Gebetsmühlenartig spult Smith die Songzeilen herunter. Das Piano poltert bleiern vor sich hin. Die Gitarren fast bis zur Unkenntlichkeit verzerrt, elektronische Klänge werden bombastisch arrangiert.

"You Don't Know Love" und "Like Treasure" erinnern am ehesten an die Vorgängeralben. Immer ein wenig zu pathetisch dehnt und zieht Smith seine Stimme in die Länge. Gitarren und Synthie klingen nach New Order oder Depeche Mode.

Dass die Musik der Editors nun auch an Depeche Mode erinnert, liegt womöglich daran, dass sie bei "In This Light And On This Evening" von Mark Ellis (Depeche Mode, U2, Nine Inch Nails) unterstützt wurden.

Die Briten haben genau den richtigen, frischen Synthiewind in ihren Sound gebracht. So geht man wieder auf Editors-Gigs, ohne sich nach kurzer Zeit zu langweilen - und dank "Papillon" dann auch in die vordersten Reihen, um seinen Hintern zu bewegen.

Trackliste

  1. 1. In This Light And On This Evening
  2. 2. Bricks And Mortar
  3. 3. Papillon
  4. 4. You Don’t Know Love
  5. 5. The Big Exit
  6. 6. The Boxer
  7. 7. Like Treasure
  8. 8. Eat Raw Meat = Blood Drool
  9. 9. Walk The Fleet Road    

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32 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    @Matscha (« @Screwball («
    ...
    das heißt aber auch, dass sich die band von einem nicht unerheblichen teil ihrer fans wird verabschieden müssen, natürlich allen voran die, die den gitarrensound auf den vorgängern besonders schätzten. »):

    ...das liest man überall, verstehen tue ich es trotzdem nicht. Ich glaube, das gerade ein großer Teil der Fans begeistert sein wird von der Platte, obwohl die Gitarren fehlen. Die Band hat doch noch viel mehr zu bieten. :-) »):

    Das hab ich auch gedacht, aber ich liebe nun mal seine stimme.
    man muss sich wirklich an den neuen sound gewöhnen.
    ich arbeite mich immer noch durch das album, hab echt noch probleme da ich die gitarren vermisse.
    Beide letzten Alben waren Hammer , das neue dauert vielleicht noch ein wenig.
    Werd sie mir mal live ansehen im November, mal sehen wie das dann alles so rüber kommmt.

  • Vor 15 Jahren

    @placebo («
    Das hab ich auch gedacht, aber ich liebe nun mal seine stimme.
    man muss sich wirklich an den neuen sound gewöhnen.
    ich arbeite mich immer noch durch das album, hab echt noch probleme da ich die gitarren vermisse.
    Beide letzten Alben waren Hammer , das neue dauert vielleicht noch ein wenig.
    Werd sie mir mal live ansehen im November, mal sehen wie das dann alles so rüber kommmt. »):

    Also, bei mir hat es nicht funktioniert. Habe es jetzt ein halbes Dutzend mal durchlaufen lassen. Am Anfang ist es definitiv interessanter als auf Dauer, da das Ganze doch sehr viel Einheitsbrei bietet und man am Ende sogar Schwierigkeiten hat, die einzelnen Songs noch zu separieren. Zwei gute Nummern, der Rest ist einfach ziemlich platt.

  • Vor 15 Jahren

    Zum ersten Mal liefern die Editors eine richtige Gurke ab ("Raw Meat = Blood Drool"), auch "The Big Exit" baut nach echt oldschooligem Intro recht schnell ab.
    Der Rest dagen gut bis sehr gut. "Bricks And Mortar" ist für mich der Übersong des Albums, "Papillon" in der Albumversion auch fein, zudem "You Don't Know Love" und "Walk The Fleet Road" als Highlights zu benennen.
    Insgesamt 4/5.