laut.de-Kritik
Nach dem Barjazz kommt der Griff zur E-Gitarre.
Review von Martin Leute2007 überraschte die einst dem Alternative Country und Folk zugeneigte Amerikanerin mit der wunderbaren Platte "Miracle Of Five". Rein akustisch instrumentiert und zwischen Barjazz und Kammerpop angesiedelt versprüht sie einen gediegen nostalgischen Charme und rückt ihre zauberhafte Altstimme in ein angenehm dämmriges Licht.
Mit "Artificial Fire" hat sich Mandell nun wieder aus der samtweichen Behaglichkeit des Sofas erhoben, die elektrisch verstärkte Gitarre umgeschnallt und ihre Lieder mit schrägen Arrangements und dunklen Momenten versehen. Und welches musikalische Kleid sie sich auch anzieht, ihr stehen alle ziemlich gut.
Der Opener und Titeltrack macht mit flirrender Gitarrenlinie, Bass und Drums unmissverständlich klar, dass die Fehlleistungen in den zwischenmenschlichen Beziehungen wieder ins Zentrum rücken: "I'm a killer at heart / and I wanted to feel / so I laid out my trap / with my artificial fire". Des Abendkleids entledigt, streift sie sich die matten Indieklamotten über.
Auch "God Is Love" offenbart mit männlicher Zweitstimme und trüber Melodie eine gewisse bedrohliche Stimmung, die sich später mit den dezent morbiden "Needle And Thread" und "Two Faces" zuspitzt. Phasenweise erinnert das an die frühe Beth Gibbons.
Im Gegensatz dazu lächeln "Right Side", "Personal", "Tiny Waist" oder das wunderbare "Don't Let It Happen" den Hörer mit sonnigen Gitarrenläufen, Bläser- und Streichersätzen, Glockenspiel und Backgroundgesang verträumt an. Der behutsame Einsatz der dosiert scheppernden E-Gitarre steht diesen zwischen 50s-Pop, Country und Jazzanleihen pendelnden Songs ausgezeichnet und bildet einen charmanten Kontrapunkt zu flauschigen Melodien.
"Bigger Burn", "Little Foot" und "Front Door" kombinieren gutlaunig Indiepop und Country, während das ungemein zarte "In The Doorway" einem amourösen Abenteuer an der Türschwelle gleichkommt. Beim esoterisch anmutenden "I Love Planet Earth" macht sich dann mit irritierend synthetische Klangflächen und E-Gitarrenfetzen Nachdenklichkeit breit, ehe das erstaunlich röhrenden Indierockstück "Cracking" das Werk abschließt.
Auch wenn die Kohärenz der Platte unter der stilistischen Vielseitigkeit ein wenig leidet, lebt sie von Mandells großartigem Gesang und feingeistigem Songwriting, das in diesem elektrisch verstärkten Ambiente effektvoll zur Geltung kommt. Wer damit trotzdem nicht zurecht kommt, greife zum zeitlosen "Miracle Of Five".
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