laut.de-Kritik
Barjazz mit Folk-Anleihen zwischen Carla Bruni und Norah Jones.
Review von Martin LeuteDas Wunder, die Hand eines Menschen in der eigenen zu spüren, das bringt der Titel "Miracle Of Five"des mittlerweile sechsten Albums von Eleni Mandell zum Ausdruck. Die Amerikanerin und einstige Verehrerin von Tom Waits und Chuck E. Weiss ist heiterer und gelassener geworden. Dominiert auf dem 2005er-Album "Afternoon" morbider Charme und trübe stimmende Melancholie, die immer wieder die unglückliche Liebe thematisierten, weist Mandells Blick nun augenzwinkernd in eine möglicherweise glückversprechende Zukunft.
Der Blick nach vorne geht mit musikalischen Arrangements einher, die zurückblicken. "Miracle Of Five" changiert zwischen Bar- und Songwriter-Jazz, Country und Folk, vorgetragen von der glasklaren Alt-Stimme Mandells. Eingespielt hat sie das Album u.a. mit X-Drummer DJ Bonebreak und Wilco-Gitarist Nels Cline. Keyboarder Andy Kaulkin zeigt sich für die Produktion verantwortlich, die Mandells Gesang gekonnt ins Zentrum rückt.
Sachte wiegt sich der Opener "Moonglow, Lamp Down" hin und her, eine Gitarre, ein Saxophon und ein leise im Hintergrund summender Chor unterstützen den Gesang. Häufig gehörte Verweise auf Cole Porter oder Gershwin-Songs haben hier ihre absolute Berechtigung. Im beschwingten Walzer "Girls, Girls, Girls" hinterfragt die Protagonistin das Gefühlsleben ihres Liebsten, in "My Twin" stößt sie auf der Suche nach ihrem Seelenverwandten auf allerlei Katastrophen, diesmal wird sie von einer Klarinette und einer entzückend zirpenden Hammond-Orgel begleitet.
"Salt Truck" steht als Metapher für die Hoffnung auf die Wiederbelebung der erkalteten Liebe und beginnt mit der gezupften Akustik-Gitarre, ehe sich Percussion, Bass und Streicher beiläufig dazu gesellen. Ein schlichter Besen rührt sanft das Schlagzeug im zauberhaften "Wings In His Eyes", in "Miracle Of Five" blitzt verlegen Mandells Country-Affinität auf und feiert die Liebe, ganz bescheiden und wunderschön. Moll-Akkorde bestimmen "Perfect Stranger", das Keyboard, Glockenspiel und Saxophon tragen zur wehmütigen Stimmung bei, in der man sich befindet, wenn man den perfekten Mann aus den Augen verloren hat.
Aber Eleni Mandell stürzt sich nicht mehr in Abgründe und bleibt locker. Recht sinister wird es nur in "Beautiful", der Einfluss des verstörenden Tom Waits schwingt hier mit. Der Abschluss mit "Miss Me" ist mit Klavier- und Saxophonbegleitung jazzig und versöhnlich arrangiert. Die limtierte Digipack-Version von diesem Album wartet übrigens mit zwei hübschen Bonus-Tracks auf.
Die zwölf Songs auf "Miracle Of Five" - die sich irgendwo zwischen der Musik einer Carla Bruni, Lisa Germano und Norah Jones positionieren - sind durchweg leise und unaufgeregt und kommen über die Dynamik eines langsamen Walzers nicht hinaus, kein Stück hebt sich in besonderem Maße ab. Was missbilligend klingt, entpuppt sich als die Stärke dieser Eleni Mandell. Sie hat musikalisch und lyrisch zu einer Unbekümmertheit und einer heiteren Sachlichkeit gefunden, die ihre schunkelnden Lieder wohlig-weich einhüllen. Einfache Mittel, die zu einer Wirkung führen, die lange anhält. Als Freund der Feinfühligkeit habe ich dieses enorm entspannte Album nach mehrmaligem Hören richtig lieb gewonnen. Noch 'nen Whiskey, bitte! Ich bleib' noch ...
5 Kommentare, davon 3 auf Unterseiten
Eine der beiden aktuellen Singer/Songwriter-Künstlerinnen, denen man eine starke Beeinflussung durch Tom Waits nachsagt, ist Eleni Mandell (http://www.laut.de/wortlaut/artists/m/mand…). Verglichen mit dem dunklen 2006-er Album "Springtime Can Kill You" der anderen (Jolie Holland nämlich) verbreitet das seit letzten Freitag erhältliche "Miracle Of Five" allerdings eine eher aufgehelltere Stimmung. Die Frau klingt viel optimistischer als sie auf dem Laut-Porträt-Bild dreinschaut. Passagenweise wirkt diese Mischung aus Jazz, Blues und Folk regelrecht gemütlich - zumal dann, wenn sie im Walzertakt vorgetragen wird ("Girls Girls Girls" zum Beispiel, der Titel ist auch auf der Homepage www.elenimandell.com zu hören). Die Texte handeln in der Mehrzahl von Beziehungen - "Torch Songs" im Sinne von sentimentalen Liebesliedern sind es allerdings meiner Ansicht nach nicht. In "My Twin" zum Beispiel denkt sie an einen (fiktiven) Zwilling in verschiedenen Katastrophensituationen (Schiffsuntergänge, Flugzeugabstürze, Feuersbrünste). Textlich scheint das eher auf der Höhe eines Leonard Cohen zu liegen.
Der Gesang ist ziemlich stark in den Vordergrund gemischt. Es ist ein wenig so, als ob die Frau einem die ganze Platte ins Ohr flüstert, während irgendwo im Hintergrund die Band spielt.
Musikalisch gibts an dem Album wenig zu bemängeln - kein Wunder bei der Stimme und bei solchen Klasse-Musikern wie Nels Cline, der seit 2004 Lead-Gitarrist bei Wilco ist und eine ziemlich interesante Vorgeschichte als Free Jazzer aufzuweisen hat. Demnächst kommt die Kalifornierin aus L.A. auf Europa-Tournee. Unter anderem im Berliner Traditions-Jazz-Club Quasimodo. Nix gegen Norah Jones, aber ich denke mal, das dürfte schon ein wenig Kontrapunkt gegen diese gewisse Art von Wellness-Jazz werden, der in letzter Zeit so populär geworden ist.
... ah, da gibts eine Laut-Review:
http://www.laut.de/lautstark/cd-reviews/m/…
Muss irgendwie gerade erst reingestellt worden sein...
Deckt sich aber weitgehend. Abgesehen von dem unterschiedlichen Vergleich zu Norah Jones. Also mir kamen die Mandell-Songs nicht ganz so gefällig vor wie ich Norah Jones' Musik jetzt im Gedächtnis habe. Aber wie dem auch sei: Das Album ist jedenfalls den üblichen Verdächtigen hier uneingeschränkt zu empfehlen.