laut.de-Kritik

Skandale und Anekdoten aus der Unterschicht des White Trash.

Review von

Wenn eine Dokumentation mit Beschreibungen wie "Die absolute Wahrheit" oder "Das wahre Gesicht" hantiert, ist Vorsicht geboten. Oft dreschen dann sogenannte Experten austauschbare Phrasen über austauschbare Celebrities und stellen sich in tiefster Selbstbeweihräucherung als allwissende VIP-Götter dar. Phrasendrescherei findet sich zwar auch auf vorliegender Entblößung des wahren Gesichtes eines gewissen Marshall Bruce Mathers III. alias Eminem, jedoch wird hier auf den Einsatz von Society-Experten weitgehend verzichtet. Einen mindestens genauso guten Job machen dafür etliche Verwandte und Weggefährten, die Eminem aka Slim Shady offensichtlich zu dem gemacht haben, was er jetzt ist.

Dass die Geschichte von Marschall Mathers Skandale, Anekdoten und Tränen zu bieten hat, ist nicht erst seit dem Blockbuster "8 Mile" bekannt. Bevor Eminem am Firmament des Superstardoms ankam, erlebte er Jahre der Entbehrung als Kind und Jugendlicher der verarmten Unterschicht des White Trash. Diejenigen, die ihn in diesen Jahren begleitet haben, kommen hier zu Wort: Mutter, Großmutter, Onkel, ehemaliger Manager, ehemaliger Bodyguard und so weiter und so fort. Die Betonung liegt dabei auf "ehemalig", denn genau wie die Geschäftspartner stehen auch Mama und Großmutter schon lange nicht mehr im engsten Verhältnis zum ehemaligen Sprössling. Genauer gesagt stand ein Großteil der Menschen, die auf dieser DVD zu Wort kommen, bereits gegen den Protagonisten vor Gericht – eine eher schlechte Voraussetzung für die unvoreingenommene Ergründung des Phänomens Eminem.

Trotzdem versuchen die Produzenten aus dem Hause Frak Vision dem Menschen Marshall Mathers auf den Grund zu gehen. Das Motto: "To understand his music we first gotta understand his life and the world he grew up in!" So beginnt Eminems Geschichte also mit dem Lebensweg der Großmutter, die den Grundstein für das arme Leben im Trailerpark legte. Alkohol, Aggressionen und Armut: ein Teufelskreis, in dem auch Eminem bis zu seinem Welterfolg gefangen ist. Das Ende der hier erzählten Geschichte: die imposante Aufzählung von Verkaufszahlen der jüngsten Alben.

Dazwischen versucht die DVD, die Hintergründe des Eminemschen Lebens zu erleuchten und stößt dabei tief in seine Vergangenheit vor. Sie erinnert zum Beispiel an die Beziehung zu seinem (nur wenige Monate älteren) Onkel Ronnie, der Anfang der Neunziger Selbstmord beging. Oder an eine Gewalttat in seiner Kindheit, wegen der der damals Zehnjährige nach mehreren Tagen im Koma einen Großteil seiner motorischen Bewegung neu erlernen musste. Vor allem aber beleuchtet "Sein Wahres Gesicht" die Beziehung zu Ex-Frau Kim, der ein Großteil der Dokumentation gewidmet ist.

Trotz der detaillierten Vorgehensweise fehlt es aber an Grundlegendem. Etwa an unterschiedlichen Meinungen, die die DVD weniger einseitig gemacht hätten, und an der Musik, die wohl mehr als alles andere Eminems Leben bestimmt hat. Nur wenige Textzitate sind in dem Film zu finden, kaum wird der oft angesprochene Rettungsanker Musik hörbar umgesetzt. Schade, denn für Kenner von Eminems Platten (also mehrere Millionen) hätte so Eminems Musik mit seiner Biografie in Zusammenhang gebracht werden können.

Trackliste

  1. 1. Familienwerte
  2. 2. Der kleine Marshall
  3. 3. Die ersten Zeichen
  4. 4. Kim
  5. 5. Die Entstehung eines Künstlers
  6. 6. Maloche
  7. 7. Und hier ist ... Slim Shady!
  8. 8. Epilog
  9. 9. Extras
  10. 10. Trailer

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