laut.de-Kritik

Musik an, Hirn aus.

Review von

Betrachtet man das Cover von Eules Debütalbum, könnte man auf die Idee kommen, dass die Berlinerin Punkrock macht, zumindest aber irgendwie aneckt. Doch weit gefehlt. Die Platte hält nicht, was Eules Aussehen verspricht. Ecken und Kanten sucht man vergebens. Im Gegenteil, da versucht eine, die aktuelle Erfolgswelle der neuen deutschen Pop-Poeten mitzureiten.

"Musik An, Welt Aus" liefert seichten Allerwelts-Elektropop, der schnell eintönig wird. Vom Hoffnungsschimmer des Titeltracks, die glatt polierten Vocals gehen hier ganz gut mit dem melodiösen Clubsound zusammen, bleibt nicht viel übrig. Der Track hat Chartspotential, und blendet man die recht platten Lyrics aus, ergibt sich ein Klangbild, das an den verträumten Sound Odeszas erinnert.

Danach geht es leider bergab. "Stehaufmädchen" soll eigentlich motivieren, ist aber so emotionslos gesungen, dass es auch der EDM-Drop nicht mehr rausreißt. "Kurzstrecke" steckt voller Beziehungsmetaphern und ist letztlich ein Schlagersong: "Vielleicht fahr'n wir erstmal Kurzstrecke / Durch die Nacht / Und woll'n wir danach noch weiter / Fahr'n wir einfach schwarz".

Apropos Schlager: "Wir treffen uns in unsrer kleinen heilen Welt"", singt Eule in "Schwarz & Weiß". Mit Tattoo-Sleeves und Lippenpiercing sieht der "Berlin - Tag & Nacht"-Star aber so aus, dass man ihn auch als Berlin Mitte-Hipster gut finden kann. Die Nähe zum Schlager wundert übrigens wenig, wirft man einen Blick auf die Songwriterliste: Thomas Porzig zum Beispiel schrieb u.a. schon für Wincent Weiss. Der Elektro-House-Produzent Phil Speiser wurde dagegen schon für DJ Antoine, Stereoact und Gestört Aber Geil tätig.

Die Lyrics des Debüts sind größtenteils nichtssagend und loten die Themen Herzschmerz und Selbstwertgefühl pseudo-tiefgründig aus: Eule geht nie ins Detail, sondern bleibt an der Oberfläche und allgemein. Auch deshalb wirkt die Platte recht unpersönlich und seelenlos.

Musikalisch bieten einzig die langsameren Pianoballaden "Ich Hab's Kapiert" und "Zeit Zu Verzeihen" Abwechslung - interessant oder spannend arrangiert sind sie trotzdem nicht. Eher Provokantes hätte ich dann von "Mittelfingermodus" erwartet, doch: Nicht mal konsequent fluchen kann die Berlinerin. Schimpfwörter werden teils durch seltsames Stöhnen ersetzt. Frech geht anders.

Mit ihren in jeder Hinsicht weichgespülten Wohlfühlliedern reiht sich Eule so in die Riege der Tim Bendzkos und Max Giesingers dieser Welt ein. Immerhin: ein weibliches Pendant mehr.

Trackliste

CD 1

  1. 1. Musik An, Welt Aus
  2. 2. Stehaufmädchen
  3. 3. Wenn Der Beat Dropped
  4. 4. Lauter
  5. 5. Was ich Mein
  6. 6. Ich Hab's Kapiert
  7. 7. Schwarz & Weiß
  8. 8. 180°
  9. 9. Mittelfingermodus
  10. 10. Wie Berlin
  11. 11. Social Game
  12. 12. Kurzstrecke
  13. 13. Musik An, Welt Aus - Club Edit
  14. 14. Deja Vu
  15. 15. Zeit Zu Verzeihen

CD 2

  1. 1. Musik An, Welt Aus - Akustik Version
  2. 2. Stehaufmädchen - Akustik Version
  3. 3. Kurzstrecke - Akustik Version
  4. 4. Social Game - Akustik Version

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