laut.de-Kritik
Das ist tatsächlich nicht besonders lustig.
Review von Yannik GölzDer Siegeszug von Finch fka Asozial sagt viel über deutschen Pop-Rap aus. Der Mann, überall anwesend, wo Menschen zur Besinnungslosigkeit besoffen sind, veröffentlicht mit "Schluss Mit Lustig" so etwas wie sein persönlichstes Album. Also, zumindest vergleichsweise. Wo er mit dem Markus Söder-Swag mal ein bisschen vom Gas geht, strahlt zwischendurch eine Person durch, von der schon irgendwie einleuchtet, warum sie vielen Leuten sympathisch ist. Leider zementiert auch Album Nummer sieben einen Sound ohne viel Handwerk oder Detail. Finch bleibt weiterhin eine seltsame, mal mehr, mal weniger nervtötende Assemblage an Gimmicks.
Diesmal rangieren die Gimmicks von Großraumdisco über Happy Hardcore, von Trance über Pop-Rock bis in den Schlager. Wenn er gegen Ende auf "Ein Letztes Mal" durchblicken lässt, er würde gern "noch einmal auf die Rap am Mittwoch-Stage / Um zu beweisen, dass mein Herz für Hip Hop schlägt", versteht man, warum das für ihn in einer Reihe an Fantasien wie "Ich träume davon, der beste Spieler der WM zu sein" steht. Finch ist 5% Rapper und 95% Bad Taste-Entertainer, der auf diesem Album alles versammelt, was einen Alligatoah künstlerisch nichtssagend und langweilig macht - nur ohne Alligatoahs Talent.
Hört euch den Track "Sei Wie Du Bleibst" an, eine zwei Parts durchdeklinierte Reihe an Malaphern (also absichtlich falsch kombinierte Sprachbilder). Da sind eine oder zwei clevere Lines dabei ("Du weißt doch, der Glaube kann Sätze verbergen" ist immerhin ein schöner Schüttelreim), aber selbst die fallen gut ins Gesamtbild: "Wirf nicht den Teufel an die Wand / Alles muss, nix kann / Dein Ohr in Gottes Hand", rappt er zum Beispiel. Was soll man als Hörer hiermit anfangen? Es ist komplett Alligatoah - das Songkonzept kann zwar als Spielwiese benutzt werden, um in isolierten Momenten clever zu sein, aber es fügt sich zu keinem größeren Bild zusammen. Nur, dass Finch auch da nur selten singulär clever ist. Worüber soll man sich denn freuen? Dass die Phrase hier nicht in den Becher kommt, sondern in den Mixer?
Und damit sind wir bei den richtig nervigen Tracks noch gar nicht angekommen. "Du Du Du" oder "Teddybär" klingen, als hätte er sich als Mastermind-Produzent den Typen geangelt, der die lustigen Tiersongs für das Jamba-Sparabo gemacht hat. Schon hart, dass es einen Rapper gibt, der Songs in der Güteklasse und mit dem kreativen Anspruch von "Schnuffel" oder "Schni-Schna-Schnappi" auf ein Tape nimmt, und trotzdem mit Fug und Recht behaupten kann, es wäre sein persönlichstes Album.
Es ist ja auch nicht, als wären die Pop-Schlager-Hooks auf Tracks wie "Ein Letzter Zug" oder "Chilli Milli" trojanische Pferde für den Rapper Finch, der sie als Plattform dann cool oder interessant bespielt. Die Finch-Parts auf diesem Album sind jedes Mal die hinterletzten Nachgedanken. Mit der Konsequenz, dass seine Fillerlyrics nicht nur irgendwo im Windschatten der grässlichen Refrains verschwinden, sondern dass er auch weiterhin auf den meisten Beats mehr oder weniger wie ein Fremdkörper klingt.
Man merkt, dass Finch von seinem immens unkritischen, besoffenen Publikum sehr dazu geformt wurde, sich seit zehn Jahren als Rapper nicht einen Schritt weiterzuentwickeln. Im Grunde fühlt er sich in Sachen Micskill immer noch an wie ein Comedy-Rapper aus dem VBT 2012 an, wie ein Klaus Bukkake oder ein MoooN, der eben eine Karriere daraus gemacht hat, wirklich jedes Mal auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner würdelosen Crowdpleaser-Nonsense mitzumachen.
Das hält ihn natürlich nicht davon ab, trotzdem eine große Herzschmerz-Ballade mit Reibeisen-Gastsänger zu machen. Und "Das Geht Vorbei" beweist mit seinen abgestandenen Sprachbildern und dem frustrierenden Vibe am ehesten, wie inadäquat Finchs Micskill gegenüber jedem realen Thema ist, das sich nicht hinter einem beschissenen Guilty Pleasure-Refrain versteckt.
Kudos muss man ihm natürlich für "Wenn Du Dumm Bist" geben, einem Track, der Nazis und Verschwörungstheoretikern erfreulich eine mitgibt und klarmacht, dass er sich über seine Popularität in ihren Kreisen nicht gerade freut. Der Song ist definitiv der beste hier und klingt immerhin wie die B-Seite von einem dieser K.I.Z.-Beipackzettel-Alben wie dem "Anschlag Auf Die U8". Aber auch hier merkt man eine grundsätzliche Anstrengung mit dem Beat - und Pointen, die selbst für die Heute Show eher abgestanden wären.
"Schluss Mit Lustig" ist also tatsächlich nicht besonders lustig. Leider impliziert der Titel, das liege daran, dass er aufgehört hätte, es zu versuchen. Wenn dieses Album aber nicht lustig sein soll, fällt es recht schwer nachzuvollziehen, was es denn sein soll. Im Grunde gilt hierfür was für die meisten Finch-Tapes gilt: Es ist TikTok-Bait, ein Haufen dummer Gimmicks, mit der man Leuten im Suff ein kleines Fünkchen Nostalgie für die Scheißmusik der Nullerjahre entlocken kann.
Vielleicht ist der Fehler ja an mir, es schon wieder nüchtern versucht zu haben. Aber trotzdem muss ich einmal mehr attestieren, dass das hier mit guter Musik oder gar mit gutem Rap wirklich nicht sehr viel zu tun hat.
3 Kommentare mit einer Antwort
für "wenn du dumm bist", hat Finch für alles kommende und gegangene meinen tiefsten Respekt!
Ein aufrichtiges Hut ab für „wenn du dumm bist“, Finch!
JBO des Raps
Mit „wenn du dumm bist“ hat er Eier gezeigt, insbesondere weil er es als Single ausgekoppelt und mit nem Video versehen hat. Dafür props. Rest ist natürlich wie erwartet nix.