laut.de-Kritik
Der Post-Corona-Booty-Shake.
Review von Sandra LangmannAuf ein Neues. Dieses Imperium schlägt nicht, es rudert zurück. Denn es ist an der Zeit, sich wieder den schönen Dingen des Lebens zu widmen. Doch eines bleibt nach und vor der Pandemie gleich: Der Home-Office-Look à la Martin Bechlers Pyjama hat sich etabliert.
Aber Schluss mit schlechter Laune, wir haben genug von Lockdown und Einschränkungen: Pünktlich zu den Lockerungen läuten Fortuna Ehrenfeld mit "Rückkehr Zur Normalität" die Post-Corona-Ära ein - mit dem neuen Schlagzeuger Jannis Knüpfer aka der Elektronik-Professor und auf dem jüngst von Bechler gegründetem Label tonproduktion records. Rainald Grebes "Popmusik" ist hier bereits erschienen.
Seit 2016 geht es für Fortuna Ehrenfeld stetig weiter. Drei Platten, darunter "Hey Sexy" und "Helm Ab Zum Gebet", eine EP, ein französischsprachiges Album, einige skurrile Musikvideos und jede Menge Live-Auftritte. Nun also endlich zurück zur Realität – und die ist durchaus wild gemixt.
Gleich "Arschloch, Wixer, Hurensohn!" – im Refrain zart gehaucht von Bechlers rauer Stimme – macht klar, hier kommt einiges auf uns zu: Angelehnt an den Fußballslogan Bittermandels, mit "Sha-la-la untermauert, gerät der Einstieg ruhig. Unterbrochen von Jenny Thiele, deren leichte und klare Stimme einen starken Kontrast zu Bechler bildet. Ihr Auftritt macht auch deutlich: Aus dem Ein-Mann-Projekt im Pyjama hat sich eine Band entwickelt.
Optimistisch und mit klarer Aufforderung zum Booty-Shaken wird "Das Imperium Rudert Zurück" zum Gute-Laune-Song. Zwar mit einfachen Melodien, dafür aber mit Wortspielen, die Quatschwörter an poetische Phrasen reihen. Wie man Ohrwürmer kreiert, weiß Martin Blecher eben zu gut. Und so geht das auch weiter. Beinahe in jedem Titel versteckt sich eine Zeile oder eine Melodie, die sich ins Gedächtnis brennt.
Dazu gehört etwa die "Anleitung Zum Sha-La-La" inklusive Harfe und etwas Funk zu Beginn. Worum es Fortuna Ehrenfeld dabei wirklich geht, wird nicht immer klar, daher gibt es auch ein ausführliches Begleitbuch, das Bechler als "hedonistischen Leitfaden für ein achtsames, inspirierendes Leben" ankündigt.
Und als hätte es in letzter Zeit nicht schon genug Wahnsinn gegeben, zieht der sich als wilder Mix durch das gesamte Album. Auch wenn spacige Einflüsse, dann wieder soulige oder poppige und elektronische Elemente für jede Menge Abwechslung sorgen, macht es einem das Trio schon schwer, zwischen den einzelnen Tracks zu verschnaufen. Ständig muss man sich auf neue Kreationen einstellen, um folgen zu können – melodisch wie sprachlich.
So folgen auf die Wortkreation "Die Panamoralische Liebe" mit Türgeknarze und "Lölölö" gleich Türklingel und Klavierklänge in "Die Durchnummerierten Im Irish" – das kann schon mal anstrengend werden. Trotzdem machen Fortuna Ehrenfeld neugierig: Schließlich möchte man wissen, was beispielsweise hinter einem Titel wie "Glitzerfummel, Moonboots" steckt: Elektro-Beats gemixt mit Geigen-Passagen. Die letzten beide Titel liefern dann doch noch einen tiefsinnigeren Abschluss und lassen mit Aussagen wie "Man weiß, dass es nicht geht und tuts am Ende doch" und "Wenn ein Fluchtweg identisch mit Ausgang ist" nachdenklich gestimmt zurück. Fortuna Ehrenfeld kennen in ihrer Kreativität jedenfalls keine Grenzen.
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