laut.de-Kritik

Blues-Schnuller für die Ohren.

Review von

Fred Chapellier hört sich ein bisschen wie Jack Bruce auf seinen gemächlich-gemütlichen Solo-Alben an, und sein Vorbild ist Peter Green. Den nichts sagenden CD-Titel "Straight To The Point" vergisst man sogleich, zum anderen pflegt der Release genau diese Late Night Jazzclub-Atmosphäre, die das Cover-Artwork farbenfroh suggeriert. Höhepunkte: "Remnants", ein crémig-glatter elegischer E-Gitarren-Diamant, eingängig weil konventionell, toll weil eingängig, "Mother Earth" dito. Vom Glanz des Saxophons profitiert das Jam-Instrumental "Juliette" das einesteils auch wieder braver Standard ist, zum anderen mit seiner trocken gniedelnden Lead Guitar hypnotisch wirkt.

Auf "Same For You And Me" klingt Chapellier, als würde er sich auch mit Mark Knopfler gut verstehen. Holzige Stereotyp-Intros lähmen. So schreitet "Tend To It" majestätisch und zugleich unbeholfen heran, eiert schlaff wie eine Luftmatratze, der allmählich die Luft entweicht.

Der mitunter manierierten Mucke stehen gekonnte Einlagen in der Disziplin Spoken Word gegenüber. Etwa im Mittelteil von "Remnants" oder - mangels singbarer Melodie - in der ersten Strophe von "Tend To It". Freds Stimme bringt nicht allzu viel an Unverwechselbarkeit ein. Sie moduliert nur geringfügig, klingt behelfsmäßig, eröffnet kein weites Oktavenspektrum. Man muss eben den jaulenden Gitarrensoli und der Jazzrock-Arbeit an den Hi-Hats etwas abgewinnen, um diese Musik ins Herz zu schließen.

Die Scheibe lullt ein, auch ohne Vocals. Das etüdenhafte Instrumental "Racing With The Cops" eröffnet mit Polizeisirenen. Allerdings: Die Arrangements offerieren sogar in den textfreien Tracks, wo es auf Varianz und Kontraste ankäme, recht einheitliche Klangkost. Kaum Reibung: Alles hat so viele Ecken und Kanten wie passierte Breinahrung.

Lyrisch lassen Sätze wie "Ein Lächeln auf deinem Gesicht / bringt mich zu einem helleren Ort / es ist die Essenz von dir / wenn man in der Düsternis ist / dass du die dunklen Wolken vertreibst" erkennen: Hier textet ein Franzose in Englisch. Auf so viel Schleimerei verzichtet man gerne zugunsten von mehr Instrumentals. Die Wortwahl steht etwa auf dem Level von Reim und Wendler.

"Way Past Midnight" ist so sehr Schnuller für die Ohren, wie David Sanborn vergleichsweise am Saxophon charmant sediert, nur dass es bei dem Kollegen Klasse hat und hier sehr altherrenmäßig rüberkommt. Manche Sequenz kann derweil als Radio-Backtimer im Kulturradio Karriere machen, kurz vor den Nachrichten zum Auffüllen. Stört auch nicht.

Neben "Remnants" sticht vor allem das klirrende und feurige Orgel-Gitarre-Stelldichein "Where Eagles Die" meisterlich heraus. Fred könnte also mehr. Die angenehme Jazzblues-Ballade "Basketful Of Blues" sorgt abschließend für die nostalgisch-wohlige Gewissheit, dass solche Jack Bruce-Musik noch gemacht wird.

Trackliste

  1. 1. Blues On My Radio
  2. 2. I'd Rather Be Alone
  3. 3. I've Got To Use My Imagination
  4. 4. Mother Earth
  5. 5. Remnants
  6. 6. Juliette
  7. 7. Same For You And Me
  8. 8. Tend To It
  9. 9. Racing With The Cops
  10. 10. Way Past Midnight
  11. 11. Where Eagles Die
  12. 12. Basketful Of Blues

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