laut.de-Kritik

Der musikalische Himmel? Ein kafkaeskes New York.

Review von

Tony Banks' flinke Finger flitzen über die Keyboardtasten, Phil Collins bearbeitet seine Percussion nicht weniger elegant und stimmt dann gemeinsam mit Peter Gabriel in den Chorus ein: "And the lamb lies down on Broadway." Anschließend setzt Gabriel zur nicht enden wollenden Strophe an, einem einzigen Stream of Consciousness, der uns auf die frühmorgendlichen Straßen von New York City entführt. Im berühmtesten Theaterviertel der Welt hat es sich ein Lamm gemütlich gemacht: "Somehow it's lying there / Brings a stillness to the air." Gabriel zeigt sich stimmlich variantenreich wie zuvor kaum ein Sänger der Rockmusikgeschichte, dehnt die Silben, flüstert manche Zeilen, schreit andere geradezu heraus. Denn er wird zu Rael, einem psychisch instabilen New Yorker Graffitisprayer und Gangmitglied – nicht nur im Titeltrack, sondern für die vollen 95 Minuten von "The Lamb Lies Down on Broadway". Und dieser junge Mann hat viel zu erzählen.

Einen Teil des Chorus und das Ende der Lyrics des Titeltracks borgen sich Genesis beim Doo-Wop-Klassiker "On Broadway", der von Barry Mann und Cynthia Weil geschrieben und in der Version der Drifters bekannt wurde: "They say the lights are always bright on Broadway. / They say there's always magic in the air." Doch die Big-Band-Bläser und Streicher der Vorlage werden nicht übernommen, aus dem gemächlichen Gute-Laune-Track der Drifters wird ein Rocksong, der einen angesichts der sich fast überschlagenden Stimme Gabriels/Raels erahnen lässt, dass dem lyrischen Ich Unheil droht. Und dennoch: Für uns Hörerinnen und Hörer folgen eineinhalb Stunden "magic in the air".

Mit zwei Konzerten in der Academy of Music in New York beschließen Genesis ihre "Selling England By The Pound"-Welttournee im Mai 1974. Sowohl das Album als auch die zugehörige Tour sind in künstlerischer und kommerzieller Hinsicht ein voller Erfolg. Viele Fans fragen sich, was nun noch kommen kann.

Die Ausgangssituation vor den Aufnahmen zum Nachfolger des Instant-Klassikers "Selling England By The Pound" ist denkbar schlecht: Man arbeitet unter Zeitdruck, die Schwangerschaft von Peter Gabriels Partnerin Jill erweist sich als kompliziert, zudem kann sich die Band nicht auf ein übergeordnetes Thema für ihr geplantes Doppelalbum einigen. Bassist Mike Rutherford schwebt eine musikalische Adaption des "Kleinen Prinzen" von Antoine de Saint-Exupéry vor. Gabriel lehnt die Idee vehement ab. Die süßlichen Geschichten der großen Prog-Rock-Jahre, die etwa King Crimson in den Songs ihrer ersten drei Alben erzählten, sind nicht nach dem Geschmack des Sängers. In seiner Biografie Gabriels zitiert Spencer Bright das eigenwillige Mastermind folgendermaßen: "[...] prancing around in fairyland was rapidly becoming obsolete". Gabriel setzt sich durch mit der Intention, die Lyrics des Albums im Alleingang zu schreiben. Seine Begründung? Auch Romane würden von einer einzigen Person geschrieben. Zudem betont er rückblickend, er habe für das sechste Genesis-Album sehr persönliche Texte verfasst: "I wrote indirectly about lots of my emotional experiences in The Lamb and so I didn’t want other people colouring it", berichtet der Barde später, wie Hugh Fielder und Phil Sutcliffe in ihrem "Book of Genesis" festhalten.

Zum Glück setzt sich Gabriel mit seiner Vision einer kafkaesken Geschichte um Rael, einen Halbstarken mit puerto-ricanischen Wurzeln, der in einer surrealen Version von New York City seinen Bruder John sucht, gegen Mike Rutherford und Phil Collins durch. Dem Drummer, seit jeher ein Freund von – je nach Sichtweise – unprätentiösen bis banalen Lyrics, sagen Gabriels kryptische Texte nicht zu. Während der Leadsänger bei seiner Familie weilt, schlägt Collins vor, ein rein instrumentales Album aufzunehmen. Das würde den Songs zu Gute kommen, die großteils in Jam Sessions in Abwesenheit von Gabriel entstehen. Hätte sich dieser Ansatz durchgesetzt, wären uns einige der eigenwilligsten Lyrics der Pop- und Rockmusikgeschichte vorenthalten geblieben, die das musikalische Wunderland, das Banks, Hackett, Collins und Rutherford erschufen, kongenial ergänzen. Die schrullige, sehr britische Atmosphäre, die auf den drei unmittelbaren Vorgängeralben herrschte, ist nur noch nuancenhaft wiederzufinden, es geht düsterer, unheimlicher, psychedelischer und vor allem textlich kryptischer zu.

"Rael likes a good time, I like a good rhyme, but you won't see me directly anymore", warnt uns Peter Gabriel zu Beginn seiner im Booklet in kunstvoller Optik und kleinen Lettern abgedruckten Kurzgeschichte vor. Was lyrisch auf "The Lamb Lies Down on Broadway" folgt, ist in der Tat äußerst obskur. Gabriel wirft mit Metaphern, Wortwitzen und (pop)kulturellen Referenzen nur so um sich, die Geschichte um Rael ergibt keinen vordergründigen Sinn. Und dennoch lohnt sich ein dritter und vierter Blick auf die Songtexte. Denn während man die frühen Pink Floyd (wertungsfrei) als "Kiffermusik" bezeichnen kann, deren Texte nebensächlich waren, sollte man dies hinsichtlich "The Lamb Lies Down on Broadway" nicht tun. Zu ausgefeilt sind die Wortspiele, zu ausgeklügelt ist die Metaphorik, um als bloßes lyrisches Ergebnis eines LSD-Trips eingestuft zu werden.

Nahtlos und elegant fließen die Songs ineinander. Hat man jemals abseits von "Dark Side Of The Moon" einen so grandiosen Songübergang wie den von der düsteren Halbballade "Fly on a Windshield" zur "Broadway Melody of 1974" mit ihrem prägnanten und ungewöhnlich harten Gitarrenriff gehört?

Steve Hackett muss sich mit Gitarrensoli zurückhalten, der Großteil der Songs fällt kompakter aus als auf den vorherigen Alben ab "Trespass". Und wenn die Musiker mal einen Longtrack wie "In The Cage" aufnehmen, dominieren dort Banks' Tasteninstrumente und Collins' Drums. Jeder muss sich der Vision Gabriels, dem Storytelling unterordnen – auch Steve Hackett, der das Album bis zum heutigen Tag unverständlicherweise als zu lang empfindet. Mehreren Melodien begegnen wir im Laufe des Albums – teils auf anderen Instrumenten gespielt – wieder. Banks' traumhaft schönes Pianoarpeggio, das im Titeltrack nach zweieinhalb Minuten einsetzt, hören wir hingegen später in unveränderter Form in den "Carpet Crawlers" wieder. Auch die Leitmotive verdeutlichen, dass wir uns auf einem Konzeptalbum befinden.

Im Achtminüter "In The Cage" hat Tony Banks seinen großen Auftritt, beschwört mit seiner Hammondorgel eine (alb)traumhafte Atmosphäre herauf, bis uns Peter Gabriel in seiner Paraderolle als Rael über sein erstes (eingebildetes?) Wiederaufeinandertreffen mit seinem Bruder John berichtet. Gefangen in einem Käfig kann der verzweifelte Rael jedoch keinen Kontakt zu John aufnehmen: "I cry out help! Before he can be gone / And he looks at me without a sound." Um die teils zuckersüßen Tastensounds der Vorgängeralben – man denke etwa an die "Cinema Show" – hinter sich zu lassen, tauscht der mehr oder weniger heimliche Genesis-Frontmann Tony Banks sein Equipment teilweise aus. So ersetzt etwa eine Hammond T-102 die zuvor genutzte Hammond L-100. Der Tausch zahlt sich aus, ohne ihn wäre die Atmosphäre auf Songs wie "In The Cage" nicht denkbar.

Die sanfte Akustikgitarre Hacketts und Banks' Keyboards im Instrumental "Hairless Heart" ordnen die Lyrics des vorherigen, ungewohnt brachialen Rockers "Back In N.Y.C." erst ein, entlarven sie als in jugendlichem Übermut und Beisein seiner Gang verbalisierte Pennälerfantasie des unsicheren, sich nach Liebe sehnenden Protagonisten. Auch im fröhlichen Popsong "Counting Out Time" scheinen die Selbstzweifel Raels noch durch: "Without you, what would a poor boy do?" Selten hat man einen solch offensiv sexuellen Text so sanft intoniert gehört wie von Gabriel. Und dann? Werden alle Versprechungen eingelöst. Tony Banks' Finger fliegen über die Keyboardtasten und Gabriel haucht die ersten Zeilen einer der schönsten Balladen der Musikgeschichte: "There is lambswool under my naked feet. / The wool is soft and warm / Gives off some kind of heat." Im Refrain erweichen die Stimmen Gabriels und Collins' jedes noch so harte Herz, wenn die Teppichkriecher nicht näher erläuterten Rufen folgen.

Im Haus der Eltern seiner Partnerin Jill verbringt Gabriel viele Stunden an einem verstimmten Klavier, um die ideale Akkordfolge für die "Carpet Crawlers" zu finden. Letztlich findet Tony Banks sie im Studio, eines der legendärsten Pianoarpeggios entsteht.

Beim lyrisch verständlichsten Handlungsstrang – repräsentiert durch die Songs "Back In N.Y.C." und "Counting Out Time" – handelt es sich, wie Gabriels Kurzgeschichte verdeutlicht, um eine Erinnerung Raels. Das erschwert die Deutung der Gesamtgeschichte, da der interpretationsfreudige Hörer die sexuelle Spannung der Zeilen der vorherigen Songs in den "Carpet Crawlers" entladen sieht. Aufgrund der Lyrics des vorherigen Songs und der Bildsprache der einleitenden Zeilen scheint es offensichtlich zu sein, um was es in "Carpet Crawlers" – zumindest auf der Metaebene abseits des Weiterspinnens des Fantasyplots – geht. Gemäß Gabriels Kurzgeschichte handelt es sich bei den Teppichkriechern jedoch relativ eindeutig um trinkfreudige Mönche, die nichts mit den vorherigen Songs zu tun haben. Selbstverständlich verbittet sich der gemeine Prog-Rock-Hörer eine andere, weil vermeintlich schmuddelige Deutung um durch einen roten Korridor in die Richtung eines spiralförmigen Etwas strebende Wesen. Nun ja, es soll ja auch Progger geben, die glauben, Gabriels späterer "Sledgehammer" handele vom Handwerken.

Steve Hacketts Gitarre läutet das Ende der ersten Albumhälfte ein, in der Rael über eine Wendeltreppe in die "Chamber of 32 Doors" gelangt, in der er unter anderem auf seine Eltern trifft. New York City ist dem Protagonisten unheimlich geworden, er sehnt sich nach der Vertrauensseligkeit der Menschen auf dem Land: "I'd rather trust a countryman than a townman. / [...] I'd rather trust a man who works with his hands." Nach den "Carpet Crawlers" präsentieren uns Genesis die nächste Jahrhundert(halb)ballade: "Take me away!", lässt Gabriel Rael flehen, der der Kammer der 32 Türen entkommen muss.

Erst auf der zweiten Albumhälfte naht Rettung: "Lilywhite Lilith" kennt die einzige aus der Kammer führende Tür und öffnet diese für Rael, was mit einem fröhlichen Ohrwurm gebührend gefeiert wird. Die gute Laune Raels hält nicht lange: Mit "The Waiting Room" folgt der wohl sperrigste Track der Genesis-Diskografie. Die jamartige Kakophonie erfüllt ihren narrativen Zweck, handelt es sich beim Warteraum doch nicht nur um einen Höhlenraum, der bald nach Raels Ankunft einstürzt, sondern auch um den Vorhof zum "Supernatural Anaesthetist". Jener übernatürliche Narkosearzt ist – wie uns Gabriel in seiner Kurzgeschichte aufklärt – niemand anderes als der Tod selbst. Die Band zeigt britischen Humor, feiert sein Auftreten mit einem unbeschwerten Popsong. Durchleidet Rael eine Nahtoderfahrung? Ist er gar bereits tot? "He writes Death off as an illusion", lässt uns Gabriel im Booklet wissen, "but notices a thick musky scent hanging in the air."

Rael gelingt es, die Steine, die ihn unter sich begruben, fortzuräumen, folgt, begleitet von Banks' sanften Keyboardtönen, einem moschusartigen Geruch, der ihn betört, und gelangt an einen roséfarbenen Teich. Schlangenartige Kreaturen schwimmen im Wasser und bezirzen den Protagonisten: Es sind die Lamien, die Rael bereits erwartet haben: "We have been waiting for our waters to bring you cool." Die Fabelwesen formulieren ihre Handlung recht blumig. Während des Liebesspiels knabbern sie Rael an, was mit ihrem Todesurteil gleichzusetzen ist: "With the first drop of my blood in their veins / Their faces are convulsed in mortal pains." Angesichts dieses makabren Plots wären spätere Sänger in prätentiösen Sprechgesang mit Bassstimme oder aber in Kreisch- oder Growlattacken verfallen. Gabriel aber singt in "The Lamia" mit Kopfstimme, bindet elegant die Wörter und verleiht dem Song trotz seiner bizarren Lyrics eine sonderbare Form der Würde – nicht die erste stimmliche Glanzleistung Gabriels auf dem Album, aber eine der beeindruckendsten. Rael entkommt dem Teich. Endlich wird Steve Hackett von der Leine gelassen und beschert uns das neben "Firth Of Fifth" wohl schönste Solo in seiner an schönen Soli alles andere als armen Gitarristenkarriere.

In der "Colony of Slippermen", der Genesis im Intro des nicht nur lyrisch amüsanten Longtracks mithilfe von Collins' Percussion und Banks' Synthies eine fernöstliche Klangfärbung schenken, erfährt Rael, dass die Glibbermänner dieselbe physische Erfahrung mit den Lamien im roséfarbenen Teich gemacht haben wie er selbst. Bei den Lamien handele es sich um unsterbliche Wesen, das Schicksal all jener, die mit ihnen schliefen, sei, zu Glibbermännern zu mutieren. Noch geschockt über das ihm drohende Fatum erkennt Rahel ein bekanntes Gesicht unter den Kreaturen: "Amongst the contorted faces of the Slippermen, Rael recognizes what is left of his brother John." Doch John weiß Rat, wie uns Gabriel im Booklet aufklärt: "a dreaded visit to the notorious Doktor Dyper who will remove the source of the problems, or to put it less politely, castrate." Der empathische Doktor warnt noch: "Understand Rael, that's the end of your tail!" Doch Rael ist sich seiner Sache sicher: "Don't delay, dock the dick!" Rael und John überstehen die schmerzhafte Prozedur.

Nachdem sich die Wege der beiden Brüder zwischenzeitlich wieder getrennt haben, erblickt Rael sein Ziel: "A window in the bank above his head / Reveals his home amidst the streets." Eine Illusion? Rael hat keine Zeit, um seine Wahrnehmung zu prüfen, denn er hört einen Hilfeschrei: In den Stromschnellen glaubt er, John zu sehen. Rael springt in den Fluss, um seinen Bruder vor dem Ertrinken zu retten. Im angenehm dezent instrumentierten "In the Rapids" kommt es zum Showdown: "Hang on John! We're out of this at last!", ruft Rael noch, ehe er sein Gegenüber genauer in Augenschein nimmt – und anstelle der Gesichtszüge seines Bruders seine eigenen erkennt.

Das Album beschließt weder eine Pathosnummer noch eine melancholische Ballade, sondern der flotte Rocksong "It", der mit seinen spaßig-obskuren Lyrics kein Licht ins erzählerische Dunkel bringt. In Gabriels Kurzgeschichte erfahren wir, dass die Körper Raels und Johns schließlich zu einem verschmelzen, ehe sie sich in Dunst auflösen. Was das alles zu bedeuten hat? Beim letzten Satz der Kurzgeschichte könnte es sich um einen gabrielschen Wink mit dem Zaunpfahl handeln: "It's over to you."

Dem britischen Magazin Prog eröffnet Gabriel im Jahr 2012, dass es in "The Lamb Lies Down on Broadway" in erster Line um das Thema Selbstfindung geht: "I'm not sure if the story made much sense to most people, but it did mean something to me [...]. [Rael] was on a journey to find himself, in a seductive, magical place." Ist es Zufall, dass diese Grundidee nicht weit entfernt ist vom "Kleinem Prinzen", den Mike Rutherford ursprünglich vertonen wollte? Dass an die Stelle der Begegnungen mit einem Narzissten, einem Geografen und einer Schlange in der Erzählung De Saint-Exupérys in Gabriels Geschichte Begegnungen mit Gestalten wie den Teppichkriechern, der schneeweißen Lilith und den Lamien treten? Vielleicht sollte man Genesis' viertes Meisterwerk in Folge als Nummernrevue im Stil einer ungleich düstereren Version des "Kleinen Prinzen" verstehen, in der die Sprachbilder, die Gabriel bei der Umschreibung der skurrilen Begegnungen des Protagonisten nutzt, entscheidend sind, Sprachbilder, durch deren Verwendung der Sänger in einer für ihn aufwühlenden Zeit seinem Seelenleben Ausdruck verlieh. Die emotionale Wucht der in musikalischer Hinsicht heute unbestritten superben Rockoper trifft auch diejenigen, die nicht auf die großteils obskuren Lyrics achten – vielleicht sogar insbesondere diejenigen. Hört man "The Lamb Lies Down on Broadway" nur mit dem Herzen gut? Peter Gabriel beschließt "It" und das gesamte Album jedenfalls mit einer Stones-Verballhornung und/oder -Hommage: "[...] it's only knock and know all / But I like it."

Alles nur simple Rockmusik? Rael irrt: "The Lamb Lies Down on Broadway" geht in die Musikgeschichte ein, erfährt über die Jahrzehnte die Anerkennung, die ihm gebührt. Die Lyrics des Albums sind das Abschiedsgeschenk Gabriels an seine Genesis-Kollegen: Nach dem fünften Konzert der US-Tour, auf der die Band ihr neues Doppelalbum in Gänze spielt, stellt Gabriel im November 1974 in Cleveland seine Kollegen vor vollendete Tatsachen: Er wird die Band nach der Tour verlassen. In seinem zehn Monate später im "Melody Maker" veröffentlichten Brief bleibt der Sänger hinsichtlich der Beweggründe für seinen Abgang vage. Zwischen ihm und seinen ehemaligen Bandkollegen sei nichts im Argen. Und dennoch schreibt Gabriel folgenden Satz nieder: "This is the difference between the profitable, compartmentalized, battery chicken and the free-range."

Während Gabriel mit seiner Solokarriere seit dem Jahr 1977 sowohl in kommerzieller als auch in künstlerischer Hinsicht große Erfolge einfährt, entwickeln sich Genesis nach zwei weiteren hörenswerten Prog-Rock-Alben und dem Ausstieg Steve Hacketts nach und nach zu einer Formatradiopopband, die viele neue Fans für sich gewinnt, den Großteil der Kritiker aber nicht. Die Häme, die ab den mittleren 1980er Jahren auf das verbliebene Trio um Phil Collins, der nun nicht nur an den Drums, sondern auch als Leadsänger sein Können zeigt, einprasselt, ist nicht nachzuvollziehen. Dennoch ist unstrittig, dass die Band nach "The Lamb Lies Down on Broadway" nie wieder das überirdische Niveau erreichte, das sie unter der kreativen Vorherrschaft Gabriels verwirklichte – einer kreativen Vorherrschaft, die auf "The Lamb Lies Down on Broadway" ihren Gipfel erreichte. Der musikalische Himmel muss ein kafkaeskes New York sein.

In der Rubrik "Meilensteine" stellen wir Albumklassiker vor, die die Musikgeschichte oder zumindest unser Leben nachhaltig verändert haben. Unabhängig von Genre-Zuordnungen soll es sich um Platten handeln, die jeder Musikfan gehört haben muss.

Trackliste

  1. 1. The Lamb Lies Down on Broadway
  2. 2. Fly on a Windshield
  3. 3. Broadway Melody of 1974
  4. 4. Cuckoo Cocoon
  5. 5. In The Cage
  6. 6. The Grand Parade of Lifeless Packaging
  7. 7. Back in N.Y.C.
  8. 8. Hairless Heart
  9. 9. Counting Out Time
  10. 10. Carpet Crawlers
  11. 11. The Chamber of 32 Doors
  12. 12. Lilywhite Lilith
  13. 13. The Waiting Room
  14. 14. Anyway
  15. 15. Here Comes the Supernatural Anaesthetist
  16. 16. The Lamia
  17. 17. Silent Sorrow in Empty Boats
  18. 18. The Colony of Slippermen
  19. 19. Ravine
  20. 20. The Light Dies Down on Broadway
  21. 21. Riding the Scree
  22. 22. In the Rapids
  23. 23. It

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6 Kommentare mit 11 Antworten

  • Vor 11 Monaten

    ja, Lamb lies down ist gut durchmischt mit guten Songs; darunter echte Perlen wie The Cage, Carpet Crawler, das Titelstück,... -Aber! Höre ich das Album gerne? eher nicht. Wenn ich mir so die letzten Jahrzehnte die Alben welche ich viel gehört habe überlege, dann fällt Lamb lies down nicht darunter. Vielleicht kommt es in die Top 5, wenn dann aber nur knapp. Woran liegt das? Nun, gerne und viel gehört wurden: Selling England, Nursery, Trick of Tail, Foxtrott und ab und an das gelbe Genesis- die letzten Jahre aber nicht mehr. Insgesamt ist die starke Phase beginnend mit der Trespass bis hin zur Wind and Wuthering. Danach war das Songwriting nicht mehr auf dem hohen Niveau.
    Und genau die Songs sind es bei diesem Album die insgesamt zu sehr gewollt Prog, zu sperrig, zu wenig das epische Genesis Songs enthält (Fountain Salm., Suppers Ready,...uvm), und im Songwriting zu beliebig sind. So sind es eher die kürzeren Songs, die gut gefallen auf Lamb. Die längeren wie Colony of the Slipperman sind als Ausfall zu werten (Ausnahme in the Cage), da ist nichts hörenswertes dran. Teil an Teil gereiht, die alle so nebenher eingespielt klingen. Dudeldidudeldi. Insgesamt enttäuschend für Genesis; aber vom Songwriting klingt es wie die Peter Gabriel Soloalben. Insofern ein guter Abschied von Peter und eine gelungene Überleitung zu seinen Soloalben, die für mich insgesamt gut, aber mit Längen in den ersten Alben waren. Aber kein sehr gutes Genesis Album. Von mir 4/5 Sterne.

    • Vor 11 Monaten

      Yep, 4/5 sind adäquat. Ich habe mit dem Teil in voller Länge ähnliche "Bauchschmerzen" wie mit Pink Floyds The Wall - das Konzept wird nicht in voller Länge durch großartige Musik getragen. Die Highlights haben allerdings Ewigkeitswert. Dennoch sind mir im Genesis-Werk "Foxtrot", "Selling England..." und - Achtung! - "A Trick Of The Tail" lieber. Vielleicht auch noch Nursery Cryme...

    • Vor 11 Monaten

      ja, da bin ich bei Dir. Trick of Tail halte ich in meiner selbst für eine unerwartete Großtat. Die Songs sind durchgängig stark, und Collins singt auf hohem Niveau. Ob er sich die Stimme live ruiniert hat, oder einfach durch Verschleiß wie seine Sehnen...

  • Vor 11 Monaten

    Sehe das teilweise wie der Herr oben. Lamb ist für die Angeber und Möchtegernintellektuellwirkenden. Hat aber zu viel Füllermaterial wegen des Gesamtkonzepts, das man aber sowieso nicht versteht. Die besten Alben finde ich Foxtrot und Selling England (beide gleich gut), dann gefällt mir Trespass auch noch sehr gut, auch wenn es noch nicht so ausgegart ist, hat aber speziellen Reiz.

  • Vor 11 Monaten

    Einer meiner persönlichen Meilensteine. Habe ich Anfang der 90er Jahre entdeckt, als meine musikalische Sozialisation in vollen Zügen wuchs. War auch so ziemlich mein ersten Fühlerausstrecken in Richtung 70er.

    Hätte auch schwören können, dass das Album schonmal Meilenstein war.

  • Vor 11 Monaten

    Nervige Prog Phase einer fantastischen 80er Synthie Band.
    Kommt nicht an Invisible Touch ran.

  • Vor 11 Monaten

    Im Vergleich zu den Vorgängern ein besonders in der zweiten Hälfte etwas arg ausuferndes Album, allerdings mit einigen hervorragenden Songs (In the Cage!). Peter Gabriels Stimme steht mehr im Vordergrund als bei allen Genesis-Werken zuvor, irgendwie ist es auch konsequent, dass er danach die Band verlassen hat. Verdienter Meilenstein, auch wenn mir „Foxtrot“ besser gefällt.

  • Vor 11 Monaten

    Definitiv ein verdienter Meilenstein! Aber auch nicht in meinen Genesis-Top 3, was aber nur für die Qualität des Gesamtwerkes der Band spricht und keineswegs gegen das vorliegende Albung.