laut.de-Kritik
Geballte Ladung Sex und Erotik, unterlegt mit ein bisschen R'n'B.
Review von Alexander EngelenAus unzähligen amerikanischen High-School Filmen kennt man es: die Jungs versuchen alles, um noch vor dem nahenden Schulabschluss ihre Unschuld zu verlieren. Noch bevor man als "Senior" graduiert, geht es beim Endspurt nicht um gute Noten oder Lernstress; einzig und allein dem Druck in der Lendengegend soll Abhilfe geschafft werden. Ginuwines Abschlussjahr muss entweder richtig erfolgreich verlaufen sein, oder sein Verlangen ist dabei, ins Unermessliche zu steigen, denn sein neues Werk "The Senior" strotzt vor lauter Sex und Erotik. Doch wer den guten Ginuwine kennt, wird wissen, dass diese Themen schon seit seinem ersten großen Auftritt in der Öffentlichkeit mit Superhit "Pony" zu seinen liebsten gehört haben.
Haudegen Mike Tyson bestreitet das Intro, und auch Doggystyle-Snoop Dogg gibt Schützenhilfe bei dem zweiten Track "Get Ready". "From player to player" stellt er Ginuwine auf einem vor sich hin plätschernden Beat vor: "Ginuwine - little something for the ladies and the players, too." Die Bestandsaufnahme einer richtigen Player-Party bringt "Hell Yeah", produziert, geschrieben und arrangiert vom nicht weniger für die Freuden aller Männer bekannten R. Kelly. Doch dem Track fehlt der Drive, um richtig nach vorne zu gehen.
Einen ersten lasziven Höhepunkt bietet "In Those Jeans". Ginuwine geht auf softem Gitarrengeplänkel einer bestimmten Frage auf den Grund: "Is there any more room for me in those jeans?". Weitere Textzeilen gefällig? "Levis, Prada, BabyPhat, I love them/Love the way you, wearing them I love them /Calvin, Iceberg, Sergio, I love them/Trying to get inside of those". Romantisches Kuschelgefühl kommt ja auf, aber zu dem Songinhalt fällt mir nichts mehr ein.
Romantisch geht es weiter mit aalglatten Balladen und schmalzenden Texten, die sich allesamt in die Tradition seines Kuschel-Klassikers "Differences" von 2001 einreihen. Wie schon bei den letzten Alben werkelte Ginuwine bei fast 80 Prozent der Texte mit, besonders stolz ist der 27-Jährige auf den Track "Locked Down". "In dem Song wollte ich mehr sagen als nur 'I Love You'. Ich erzähle eine Geschichte [...], bei der ich wegen Mordes angeklagt werde. Es ist ein fantastischer Song." Bei Gangster und Hustler vielleicht ein omnipotentes Thema, ist es doch für ein so softes und sinnliches R'n'B- Album einfach nicht passend.
Perfekt ist aber wieder das sinnlich-erotische "Sex". Auf groovendem Sound gesteht Ginuwine nicht nur sich seine Leidenschaft ein: "I like it/ I love it/ I want it all the time". Die letzten Alben von G waren musikalisch vorwiegend von Timbalands Handschrift geprägt. Doch die taucht bei "The Senior" nicht auf und deswegen mangelt es auch an der gewissen Verspieltheit. Ohne Timbs innovativen, elektronisch angehauchten Sound macht Ginuwine einfach nur smoothen, sinnlichen R'n'B. Aber das scheint es auch zu sein, was er will. Über "The Senior" sagt G: "Das bin einfach ich. Ich will nicht besonders hart oder soft rüberkommen. Ich versuche einfach nur, ich selbst zu sein." Mit dem Schulabschluss in der Tasche scheint der Sänger seine Richtung gefunden zu haben.
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