laut.de-Kritik
Deepe Beats, samtweiche Stimme und religiös-pathetische Texte.
Review von Stefan Johannesberg"Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein." Beim Himmelpanorama des zweiten Albumcovers der Rödelheimer 3p-Soulgemeinde fallen einem prompt die legendären Zeilen vom linksliberalen Liedermacher Reinhard Mey wieder ein. Und wer den Song kennt, weiß, wie der Refrain endet: "Alle Ängste alle Sorgen, sagt man, liegen darunter verborgen und dann, wird alles, was uns wichtig erscheint, plötzlich nichtig und klein." So erging es mir beim zweiten Bau des Glashauses dann auch. Ähnlich dem Debut säuseln sich klavierverhangene Harmonien und Casssandras samtweiche Stimme in die Gehörgänge. Der Sound trägt den verträumten Hörer hoch hinaus einem imaginären Gott entgegen. Fliegen kann so schön ...
Hilfe, ich stürze ab. Butterweich-gehauchte Texte, die von belanglos peinlich bis christlich leidend gänzlich ohne Power dargeboten werden. Cassandra besitzt zwar ihre eigene Note, aber kraftloser könnte selbst Enya nicht klingen. Sie solle bloß nicht zerbrechen, möchte man ihr bei den Stücken "Bald (und wir sind frei)", "Die alte Geschichte", "So nah" oder "Jetzt" zu rufen. Zu allem Überfluss wurschelt sich Boss Moses P. bei der "Prelude zu Bald", "Hoffnung" und "Spuren im Sand" wieder klebrig-pathetisch durch die verbalen Untiefen der Bibel. Diese Zeit des Erwachens macht einen mürbe. Alle Sünder müssen Buße tun. Wo ist bloß der gottverdammte Ablassbrief, wenn man ihn mal braucht?
Die Platte würde wohl nie mehr den Weg in meine Stereoanlage finden, wären da nicht diese geschickt eingestreuten Hip Hop-Beats. Man kann sich bildlich vorstellen, wie Moses kopfnickend am Drumcomputer sitzt, während Martin Haas die Tasten seines Klaviers streichelt. Die rasanten Rap-Rhythmen bei "Land in Sicht", "Der Herr ist groß", "Herr", "Hymne für mein Volk" oder unterm "Flutlicht" pumpen und grooven so straight aus den Boxen, dass selbst die schüchterene Steen ihre Zurückhaltung aufgibt und uns kraftvollen Rapgesang präsentiert. Mehr von dieser Power hätte der Platte wirklich gut zu Gesichte gestanden.
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