laut.de-Kritik
Zwei "F.N.F"'s für ein Hallelujah.
Review von Yannik GölzDiese Frau hat ihren bürgerlichen Namen Gloria Hallelujah zu GloRilla abgekürzt. Ist das nicht eigentlich alles, was man zu der Musik des neuesten Yo Gotti-Signings wissen muss? Als achtes von zehn Kinder über den Kirchenchor zum Straßenrap landete GloRilla mit ihrem viralen Hitsong "F.N.F." einen Megahit, der Crunk in Memphis und Houston in den Staaten wieder prominenter gemacht hat. Und in Zeiten, in denen die Three 6-Stadt langsam zu einem Epizentrum der modernen Rapkultur anwächst, zeigt die 23-jährige Lokalmatadorin, die gerade erst bei den Black Entertainment Awards zum besten Newcomer gewählt wurde, warum sie vielleicht bald die prominenteste Stimme von Memphis ist.
'Stimme' muss man hier haptisch sehen: Ein großer Aufhänger an GloRillas Erfolg ist eindeutig ihre seltsame, unverwechselbar quakende Stimme, die mit dem dicken, fetten Memphis-Akzent auf eine magische Art und Weise verschmilzt. Das mag vielleicht nicht auf Anhieb klicken und hat definitiv einen amateurhaften Touch, einfach nur, weil sie ähnlich einer Cardi B Delivery oft über technische Makellosigkeit stellt. Aber verdammt, geht diese Stimme ab, wenn man sich ein bisschen daran gewöhnt hat.
Mehr als der naheliegende Cardi-Vergleich möchte man an ihren derzeit inhaftierten Stadtgenossen Pooh Shiesty denken, der mit einer ebenso wenig zu ignorierenden lokalen Färbung Trap-Bretter in die Fresse gegeben hat. Und mit dieser klanglichen Voraussetzung, macht die junge Frau mit ihrer jungen Karriere keine taktischen Moves oder besonderen Vernetzungsarbeiten, sondern zeigt auf "Anyways, Life's Great..." vor allem, dass sie Bock hat, Spaß zu haben.
Die neun Songs sparen sich die Ballade und legen die dicken Bässe auf. Die Musik von GloRilla ist Stripclub-Artillerie im Herzen, aber weniger für die Männer als für die Frauen gedacht, dazu bewegt sie sich auf ganz natürliche Art und Weise zwischen verschiedenen Genres schwarzer Tanzmusik. Crunk hat seine Färbung, aber auch klassischer Trap bis hin zu Bootyhouse, der durch die eklektisch hin und her fuchtelnden Chops und Samples von "Get That Money" mit Niki Pooh hallt. Man kann sich wirklich vorstellen, dass trotz all dem Major-Budget, das nun hinter diesem Projekt stehen müsste, da einfach nur eine junge Frau steht, die Lust hatte, Musik zu machen, die sie selber jeden Tag gerne hören würde.
Und das Coole an den besten Trap-Artists ist ja, dass sich in diesen Fällen Club-Shit und ernste Themen überhaupt nicht ausschließen müssen. Und GloRilla ist wirklich nicht auf den Mund gefallen. Ihr Austeilen gegen unwerte Männer in ihrem Leben und ihre uneingeschränkte Solidarität mit anderen Frauen, seien es ihre Features oder ihre Freundinnen nehmen oft einen Vorrang auf Songs wie "Blessed" oder "Tomorrow 2" ein, wo sie mit Cardi B auf einem marodierten Piano-Loop um den größten Shittalk wetteifern, wie es äquivalent wohl Pooh Shiesty und Lil Durk auf "Back In Blood" taten.
Und immer wieder klingt dabei auch eine Idee von Hoffnung durch, die im Manifestieren des eigenen guten Lebens unerwartet viel Kraft gewinnt. Auf dem Intro "No More Love" rappt sie nach eher austauschbarem Hater-Talk die Line "Last year, I got pregnant, but the mission got aborted, B / How the hell you hatin' on me and you having way more than me?", eine unerwartet konkrete und direkte Öffnung von Themen, die anderen vermutlich viel zu verwundbar wären. Aber sie hält ihre Geschichte in den eigenen Händen und rappt alles, als wäre es ein Flex, weil der Spaß, den sie jetzt hat, vermutlich alle alten Wunden wett macht.
Pitchfork schreibt, dass hinter ihrem Grinsen eine Menge Trauma steckt – und das ist sicherlich eine wahre Aussage. "Anyways, Life's Great..." von Gloria Hallelujah aka GloRilla ist das inzwischen fast zur Phrase verkommene Konzept des Empowerment, ohne eine Sekunde theoretisch darüber nachgedacht zu haben. Es ist pure Praxis. Praxis, in der Musik aus purer Freude, Energie und Notwendigkeit entsteht, sich daran orientiert, was man mit den eigenen Freunden und Freundinnen gerne im Club hören würde und was man sich schon immer von der Seele schreien wollte. Und mehr als all das: Es geht jenseits jener Analyse einfach total ab. Und was wäre schon ein Trap-Album, wenn es nicht total brettert?
4 Kommentare
"Amateurhaft" triffts. Immer doof, wenn 90% der Arbeit von den Beats erledigt werden muß.
Wann kommt die Rezi zum neuen Metro Boomin Album ?
"ist das inzwischen fast zur Phrase verkommene Konzept des Empowerment, ohne eine Sekunde theoretisch darüber nachgedacht zu haben. Es ist pure Praxis. Praxis, in der Musik aus purer Freude, Energie und Notwendigkeit entsteht, sich daran orientiert, was man mit den eigenen Freunden und Freundinnen gerne im Club hören würde und was man sich schon immer von der Seele schreien wollte"
Was wohl Tooli dazu zu sagen hat?
Mag das Intro sehr, wie sie über den beat stolpert mit akzent geil, erinnert bisschen an kodak, was gut ist.