laut.de-Kritik
Verträumter kann Musik kaum sein.
Review von Benjamin FuchsSanfte menschliche Stimmen singen über einen sphärischen Klang einen unverständlichen Text, der aber auch gar nicht so wichtig ist, um die Musik zu begreifen. Das geschieht intuitiv. Die Musik von Gregor Samsa, einem Quartett aus dem US-Bundestaat Virginia, gebraucht Stimmen als Instrument und weniger als Übermittler von Botschaften. Sie sind mehr Streicher als Erzähler. Mit "55:12" liegt nun das wunderschöne Debüt vor.
Verträumter kann Musik kaum sein. Anfängliche zaghafte Geräusche formen sich langsam zu einem Song, oder zumindest zu so etwas Ähnlichem. Männlicher Gesang mischt sich mit einer zarten weiblichen Stimme. Wer jetzt den Namen Sigur Rós ausspricht, trifft die Stimmung dieser Musik ohne seine Erschaffer zu beleidigen. Ein Hauch von ( ) liegt in der Luft, etwas Mogwai, allerdings ohne die heftigen Gitarrenausbrüche.
Einfach fällt es nicht, bestimmte Songs beim Namen zu nennen. Musik und Titel prägen sich in Kombination schlecht ein, obwohl man jedes Mal die prägnanten Stellen wieder erkennt, wenn sie an der Reihe sind und man beginnt, sich in ihnen heimisch zu fühlen. Doch einprägsame Hooklines passen nicht zum Stil von Gregor Samsa. Es geht mehr um Atmosphäre, um Wärme und reichlich Raum, den die Musik hat, um zu klingen. Mal ist nur der klare Sound einer gezupften Gitarre zu hören, darunter schwebt vielleicht ein verschwommener Keyboardakkord.
Dann steigt bei "Even Numbers" - dem mit zehn Minuten längsten Track auf "55:12" - der Lautstärkepegel an. Streicher tönen zusammen mit dem Keyboard und dem Schlagzeug, das zum ersten Mal etwas Gas geben darf. Einen zweiten Peak erreichen Champ Bennett und seine Mitstreiter gegen Ende des wunderschönen Monumentalstücks. Sie lassen sich nicht dazu hinreißen, die Ruhe zuvor noch einmal zu durchbrechen. Sie nutzen den vollen Effekt dieses Stilmittels, der gerade dadurch entsteht, dass sie die Dynamik nicht inflationär gebrauchen.
Das Album wartet auf seinen "55:12" Minuten mit lediglich acht Tracks auf. Die knappe Stunde Musik erweist sich als eine Art tönender Stream Of Consciousness. Selten war es so einfach, sich in der Musik zu verlieren, ohne sich dabei zu verlaufen. Was hat das jetzt mit einem Käfermenschen zu tun? Vielleicht hätte dieses Album die Familie des armen Gregor in Kafkas Verwandlung zu etwas mehr Mitgefühl oder zu mehr Nachdenklichkeit verhelfen können.
7 Kommentare
die idee sich nach dem protagonisten aus kafka´s legenderen roman "die verwandlung" zu benennen, ist allein schon für sich irgendwie ziemlich genial. noch besser ist da natürlich, das sich hinter den namen auch noch eine band verbirgt, die eine grandiose debüt-platte abliefert (auch wenn sie nicht so ganz richtig zum frühling passen möchte). wenn man gregor samsa hört, denkt man wohl am ehesten an island, sigur rós etc. (naja zumindest geht das mir so) und dennoch kommt die band eigentlich aus den staaten...
wer sie noch nicht kennt... hier (http://www.amazon.com/gp/product/b000ervi1…) kann man z.B. reinhören
ich frage mich immer warum ich auf deren newsletter liste stehe...
alle drei wochen eine e-mail.
da kann man sich doch austragen oder nicht? wie findest du sie denn so?
Gregor Samsa sind in der Tat recht klasse, sphärische Sounds irgendwo zwischen leise und wuchtig. Verzerrt, mit Gesang, der sich nicht aufdrängt sondern sich wie ein weiteres Element in den Soundteppich einwebt. Mich erinnern sie ja ab und zu an Radiohead und ich habe sie kennengelernt über die wundervolle Coverversion von "Silent Night"
Da kann man sich was runterladen und auch in 55:12 reinhören:
http://www.gregorsamsa.com
(Auf Amazon gibts doch immer noch nur 30 Sekunden Sample?)
[url=www.gregorsamsa.cz]Namenskollision[/url].
Aber die dürfen das. Die sind immerhin aus Prag.
Gute Übung auf der Bassgitarre. (http://web.telecom.cz/klevay/01_elveszett.…)
Namenskollision 2 (http://gregorsamsa.de) Keine Ahnung was das ist, irgendeine Form von Metal?