laut.de-Kritik
Atmosphärischer Dream-Pop aus Berlin.
Review von Kai ButterweckNach ihrem beachtlichen Indiefolk-Debüt "Nine Sisters" überrascht Kirstin Gerking-Rabach alias Hazel Iris ihre Anhängerschaft mit einem musikalischen Kurswechsel. Im Sommer 2023 blickt die studierte Opernsängerin weit zurück und verneigt sich soundtechnisch vor der Synthesizer-Musik der 80er Jahre: "Obwohl ich absolute Anfängerin bin, was den Umgang damit angeht, fand ich es aufregend, mit Synthies und einer E-Gitarre zu experimentieren. Es hat total Spaß gemacht", so die Sängerin mit der markanten Stimmfarbe.
Der Opener des Zweitwerks "May Queen" (nur als Download und Stream verfügbar) startet mit Gitarren, die man zuletzt auf einem Heroes Del Silencio-Album gehört hat. Eine kurze Groove-Passage, dann setzen sphärische Synthesizer und Hazels verträumte Stimme ein. Auch der Titeltrack beginnt mediterran, ehe die Hauptprotagonistin im walzigen Modus Erinnerungen an Kate Bush weckt.
Hazels Geschichten, die von Emanzipation und der tiefen Verknüpfung von Geist und Natur handeln, nehmen den Hörer mit auf eine Reise in die Tiefen ihrer Seele. Der Hörer lauscht aufmerksam und konzentriert, wenn sich zarte Gitarren und dumpfe Drums vereinen und von Effekten und Soundwellen begleitet, für eine spezielle Atmosphären sorgen ("Diana", "The Nymph").
Die Musik, die Hazel gemeinsam mit ihrer Vertrauten, der ehemaligen Austra-Schlagzeugerin und TR/ST-Produzentin Maya Postepski kreiert, steckt voller Sehnsucht und Leidenschaft. Egal ob tanzbar, fast schon beschwingt ("The Cherry Tree"), leicht vertrackt und von viel Bass begleitet ("The Sight"), umgarnt von extraterrestrischen Klangwellen ("The Drought") oder mystisch und von Dunkelheit umgeben ("The Burial"): Die aus Kalifornien stammende Wahl-Berlinerin lässt nie locker.
Mit viel Gefühl, einem ausgeprägten Gespür für dynamische Soundbauten und bezirzenden Atmosphären im Gepäck, kämpft Hazel Iris gegen ihr einziges, nicht unerhebliches Dilemma an: der fehlenden Nachhaltigkeit. Hazel Iris schreibt keine Hits. Die richtig großen Melodien, die eigentlich so wunderbar zu ihrer Stimme passen würden, sucht man auf "May Queen" leider vergebens.
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