laut.de-Kritik

Reimsalven aus der Hauptstadt.

Review von

Wer in der Rapmusik das Böse sucht, kann bei Hecklah & Coch Klischees aus dem Vollen schöpfen. Die beiden Berliner lieben, wie der Name schon sagt, Waffen, und sind stolz darauf. Darüber hinaus versuchen sie auf Berliner Art und Weise, den Gangsterstyle zu representen. "Lass die Hunde bellen, lass die Waffen sprechen am Mic." Dabei würde man hinter den milchbubigen Visagen auf dem Cover eher Muttis Liebling vermuten als durchgeknallte Guerillas.

Das Album jedoch hält von Anfang an, was es verspricht. Der Titeltrack rollt mit einem bouncenden Synthiegewitter des Produzentenduos P-Dog daher, die Lyrics beschränken sich auf das übliche "Wir sind back, wir sind toll, wir sind zu true um Platten zu verkaufen"-Gefasel. "Eine Minute" präsentiert sich in exakt 60 Sekunden als Maschinengewehrsalven-Reimexplosion auf eine völlig schräge 30er Jahre-Filmmelodie.

"Alle Gehen Ab" mit dem Gastauftritt von Rhymez und Prok stellt den clubtauglichen Track für die Quote, wird es aber dort mit einiger Sicherheit nicht in die Rotation schaffen. Das wiederum könnte "Alle Hände Hoch" mit Leichtigkeit. Wen dieser Bläser-Beat von Knickneck nicht zum Kopfnicken bewegt, der hat, um es mit Samys Worten zu sagen, einen Stock im Arsch.

Auch "Die Kings" kann auf seine Art voll und ganz überzeugen. Der Beat prägt sich trotz seiner Einfachheit ins Gedächtnis, die Hookline von Jenny Jen hat genug erotische Power, um Nina wie ein Schulmädchen aussehen zu lassen. Direkt darauf folgt auch gleich der totale Tiefpunkt der Platte: "Wir Sind Frezh". Der Beat von den Alphabeatz ist leider zu gut, um den Track einfach zu ignorieren. Aber was bitte soll der Chorus? "Du hast keinen Style - wir haben Styles | Du hast keinen Rhyme - Wir haben Rhymes | Du hast kein Cash - Wir haben Cash | Du bist scheiße - wir sind fresh" Außer Anglizismen nix gewesen.

Obwohl die ganze "Mein Block"-Welle ja von den MCs Zem und Sylvestah selbst losgetreten wurde, schaffen sie es, mit "Komm In Mein Block" noch einen draufzusetzen. Allerdings gelingt es dem Gesamtwerk auch dieses Mal nicht, Sido oder auch Azad zu überbieten - Blumentopf spielt ja eh ein völlig anderes Spiel.

"Ein Weg Raus Hier" bringt das Album mit einem der wenigen deepen Tracks zu einem würdigen Abschluss. Auf dem selben Beat wie die Headliners auf Schnabels "HowieLikeIt1" erzählen beide MCs von ihrer Kindheit und ihren Weg zu Drogen, ins Ghetto, und wie sie es mit Hilfe von Rapmusik wieder hinausschaffen wollen. Wie weit die Credibility da reicht, muss jeder selbst entscheiden, die Sekte jedenfalls hat in vergangenen Royal TS Zeiten ähnliche Texte zu Papier gebracht.

Die Street-Attitüde von Hecklah und Coch, die das ganze Album über zelebriert wird, erweist sich teilweise aber auch als Fallstrick. Das wird sowohl bei "Ich Liebe Den Scheiss" mit einem grandiosen Sample aus Platoon als auch bei "Boom", bei dem Kanye West aus allen Ecken strotzt, deutlich: Sobald die Tracks eine etwas fröhlichere Grundstimmung annehmen sollen, wirken Zem und Sylvestah so entspannt wie der Schläger, der sich in der Disco auf einmal auf der Tanzfläche wiederfindet. Die hammerharten salvenartigen Reime auf aggressiven Synthiebeats sind einfach eher die Sache der beiden, wenn's auch schade ist.

Trackliste

  1. 1. Polizeifunk – Intro
  2. 2. Über Alles In Der Welt
  3. 3. Boom
  4. 4. Eine Minute
  5. 5. Hotelzimmer - Skit
  6. 6. Alle Gehen Ab (feat. Rhymez&Prok)
  7. 7. Ich Liebe Den Scheiß
  8. 8. Die Kings
  9. 9. Wir Sind Frezh
  10. 10. Champions (feat. BK&JAS)
  11. 11. Komm In Mein Block
  12. 12. Alle Hände Hoch
  13. 13. Ein Weg Raus Hier

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