laut.de-Kritik
Bettgeflüster mit der französischen Kylie.
Review von Michael SchuhDiese Helena ist schon ein durchtriebenes Stück: räkelt sich für das Cover ihres neuen Albums mit kaum sichtbarem Nachtgewand auf einem Bett (Fotograf demnach genauso durchtrieben), winkelt vorteilhaft ihre langen Beine an und drückt aus Mangel an behaartem Partner einen zotteligen Stofflöwen an ihre Brust. Was soll der von Beschützerinstinkten heimgesuchte männliche CD-Käufer da denken? Auf sie mit Gebrüll?
Wohl kaum, steht doch eher das Thema Schlafen im Vordergrund. Zur Partyplatte taugt "Née Dans La Nature" sicher nicht. Die von der gebürtigen Belgierin mit klarer und weicher Stimme auf französisch vorgetragenen Songs pendeln vielmehr angenehm zwischen Jazz, Pop und Chanson und könnten sowohl ein gediegenes Rotwein-Dinner als auch ein Bettgeflüster bereichern.
Mit diesem Rezept hat die Endzwanzigerin im Rotweinland Frankreich, wo schon zwei Alben von ihr im Handel sind, bereits zahlreiche Fans gewonnen. Im Fahrtwind des Schmuse-Jazz-Hypes könnte Helena bald auch hierzulande punkten, gerade weil ihre Songs meist nicht die komplexe Tiefe Keren Anns oder die Verruchtheit einer Carla Bruni erreichen.
Macht aber nichts: gerade die beschwingte Lässigkeit steckt bei Songs wie "Je t'aime Salaud" oder im an Velvet Undergrounds "I'll Be Your Mirror" erinnernden "L'age De Ma Mère" durchaus an. In "Mary Popins" (wieso nur ein "p"?) erfährt das gleichnamige Märchenmusical um Julie Andrews eine sanfte Hommage, die mit süßlichem Stereolab-Flair aufwartet. Eine musikalische Revolution darf man hier zwar nicht erwarten, aber Helenas Streicheleinheiten wirken ziemlich sympathisch.
Genau wie die Songzeile "Wirst du mich noch lieben, falls meine Brüste der Schwerkraft folgen und ich so alt bin wie meine Mutter?" oder ihr durch einen Versprecher ausgelöstes Lachen, das sie einfach in der Aufnahme beließ. Neben der Akustikballade "Les Fantomes", die in ein Air-mäßiges Finale mündet, gelingt Helena auch die Coverversion einer bekannteren Nackten: Kylie Minogue. Der Dance-Heuler "Can't Get You Out Of My Head" verliert in Helenas Händen seine komplette Beat-Grundlage und klingt plötzlich ungeahnt träge und wehmütig. Doch, echt!
Fazit: Nacktcover plus Kylie, das klingt doch mal erfolgsversprechend. In Frankreich hat Helena so was nicht mehr nötig. Dort erschien "Née Dans La Nature" mit einer schlichten Kinderzeichnung auf dem Cover.
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