Porträt

laut.de-Biographie

Hi-Tek

Die Spannbreite im Hip Hop-Genre ist groß, sehr groß: Underground bis Mainstream, Conscious bis Player – entgegen gesetzte Paradigmen, die sich in Künstlerprofile einbrennen und nur schwer wieder abzuschütteln sind. Aber es gibt Ausnahmen. Künstler, die zwischen den Extremen pendeln – musikalische Weltenwanderer.

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Tony Cottrell alias Hi-Tek ist einer dieser Weltenwanderer. In den späten Neunzigern definiert der Produzent den musikalischen Stil der kurzen aber intensiven Rawkus-Ära um Namen wie Talib Kweli oder Mos Def, nur wenige Jahre später instrumentiert er als rechte Hand Dr. Dres die Hits von Pop-Gangster-Schwergewichten wie 50 Cent, The Game und Lloyd Banks.

In einer wieder anderen Welt liegen Tony Cottrells Wurzeln: im ländlichen Cincinnati, Ohio. Dort wächst Hi-Tek auf und entdeckt Hip Hop mitsamt der ortsansässigen Wanna Battle-Crew für sich. Im Jahr 1996 entsteht der Track "Hustle On The Side", den Hi-Tek für das Trio Mood – bestehend aus Rapper Main Flow und Donte sowie Produzent Jahson - produziert. Der Song findet Anklang bei TVT Records und beschert den Jungs einen Deal mit dem Label. Das Album "Doom" folgt ein Jahr später, hinterlässt aber - trotz Gastbeiträgen von Hi-Tek - keinen großen Impact in der Szene. Zumindest auf den ersten Blick. Der Gastauftritt von Talib Kweli auf "Doom" bringt jedoch Hi-Tek und den Rapper aus Brooklyn zusammen, was die Szene nachhaltig beeinflussen sollte.

Talib Kweli schleift Hi-Tek nach New York und motiviert ihn dazu, knapp die Hälfte seiner Kollaborationsplatte mit Buddy Mos Def zu produzieren. Das Projekt unter dem Namen Black Star schreibt Geschichte, begrüßt die zweite Native Tongue-Generation und läutet im Jahr 1998 die Rawkus-Ära ein. Die Fans feiern die gehaltvollen Lyrics und die Beats, die sich zwischen schlichter B-Boy-Ästhetik und introvertiertem afrikanisch-amerikanischem Bewusstsein einpendeln. Das Independentlabel Rawkus aus den Straßen New Yorks avanciert zum Aushängeschild einer Bewegung abseits des Mainstreams und etabliert neben Talib Kweli und Mos Def auch Künstler wie Pharoahe Monch, Big L, Da Beatminerz, High, Skillz und Company Flow.

Hi-Tek hat als Produzent einen großen Anteil am musikalischen Bild von Rawkus. Das stellt er mit seiner Kollaboration mit Talib Kweli unter dem Pseudonym Reflection Eternal fulminant unter Beweis. Ihren ersten Auftritt als Reflection Eternal haben Tek und Kweli bereits auf der ersten "Soundbombing"-Compilation von Rawkus im Jahr 1997 mit ihrem Song "Fortified Live". Es folgen "The Manifesto" auf dem ersten "Lyricist Lounge"-Longplayer (1998) und "Chaos" auf "Soundbombing 2" (1999). Im Jahr des Millenniums begeistern die beiden mit dem gemeinsamen Album "Train Of Thought" die Kritiker und Fans. Und nicht nur die. Auch Nelson Mandela, Gil Scott-Heron und Boxer Lennox Lewis übermitteln auf dem Album ihre Freude über die Zusammenarbeit und leisten ihren Beitrag zu einem der besten Longplayer des Jahres und einem unbestreitbaren Klassiker der so genannten Conscious-Rap-Bewegung.

Hi-Tek ist in aller Munde und tut sein Bestes, dass das auch so bleibt. Im Jahr 2001 veröffentlicht er sein Solodebüt "Hi-Teknology" und präsentiert sich als vielseitiger Beatbastler für die Rapper und Sänger Common, Talib Kweli, Cormega, Jonell, Vinia Mojica und Buckshot. Obwohl nicht herausragend, findet die Platte über 250.000 Käufer. Ein Erfolg, der besonders auf die Single "Round & Round" von Jonell im Remix mit Method Man, Kool G Rap und Pharaoahe Monch zurückgeht - neben "B-Boy Document" einer der besten Rawkus-Songs überhaupt.

Trotzdem trennen sich die Wege von Rawkus und Hi-Tek. Gerade zur rechten Zeit, denn die Fans des Label müssen kurz darauf mit ansehen, wie sich ihr hoch gelobtes Independentlabel erst an den Major Universal verkauft und daraufhin mit erschreckender Kaltschnäuzigkeit die Alben von Kool G Rap und Pharaoahe Monch versanden lässt. Langsam aber sicher manövriert sich die Plattenfirma ins Aus.

Hi-Tek - Hi-Teknology 3
Hi-Tek Hi-Teknology 3
Rawkus-Reminiszenzen und G-Unit-Ästhetik.
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Hi-Tek ist von dieser Tragödie nicht mehr betroffen und macht sich guten Willens auf an die Westküste, um dort an die Tür eines der einflussreichsten Produzenten des Genres überhaupt zu klopfen: Dr. Dre. Der weiß Talent offensichtlich zu schätzen und verpflichtet Hi-Tek kurzerhand für sein Aftermath-Produktionsteam. Die neue Umgebung schlägt sich bald auch in Hi-Teks Instrumentals nieder. Wo zu Rawkus-Zeiten noch herrlich der Boom Bap den Ton angab, zaubert Hi-Tek bald Dre-typische Westcoast-Schwinger. So eine Kehrtwendung hätte wohl niemand von dem Produzenten erwartet. Zumal Hi-Tek mit dem teuflisch hypnotischen G-Funk-Beat von "Runnin'" auf The Games "The Documentary" im Jahr 2005 ein besseres Westcoast-Brett bastelt als der Doktor und Mentor selbst. Grund zur Beschwerde gibt es demnach nicht, denn an der Qualität hat sich im Hause Hi-Tek nichts geändert.

Die neuen Arbeitgeber lesen sich wie das Who-Is-Who der kontemporären Charts: 50 Cent, Llyod Banks, Young Buck, G-Unit, The Game, Xzibit, Busta Rhymes, D12, Eminem. Vorwiegend bedient Hi-Tek somit das Interscope/Shady/Aftermath-Lager mit Hintergrundmusik, sehr zur Enttäuschung der alten Fans, die sich so sehnlichst eine Reflection Eternal-Reunion wünschen. Doch Hi-Tek hat seine alten Freunde nicht vergessen.

Das zeigt der zweite Teil der "Hi-Teknology"-Reihe, den der Produzent über Babygrande Records im Oktober 2006 veröffentlicht. Auf "Hi-Teknology Vol. 2 The Chip" sind die Gäste so zahlreich wie namhaft: Ghostface Killah, Kurupt, Talib Kweli, Busta Rhymes, Strong Arm Steady, The Game, Common, Bun B, Jadakiss, Raekwon, Papoose, uvm. Zusammen machen sie Teks zweites Soloalbum abwechslungsreicher und breit gefächerter als den Vorgänger. Und einmal mehr beweist Hi-Tek, dass er für jeden Rapper aus dem gesamten Hip Hop-Spektrum produzieren kann - egal aus welcher Welt.

Dabei müssen die Rapper, die er featured, nicht unbedingt den größten Bekanntheitsgrad haben. Hi-Tek kann es sich mittlerweile sogar leisten, am Nachwuchs zu arbeiten. So zeichnet sich der dritte Teil der "Hi-Teknology"-Reihe durch zahlreiche Auftritte eher unbekannterer Künstler aus. Zum Zeitpunkt des Releases, im Dezember 2007, können zumindest noch die wenigsten Heads mit Namen wie Estelle, Riz, Push Montana, Rem Dog oder Gorilla Zoe etwas anfangen. Bei Hi-Teks guten Beziehungen zur Szene lässt er es sich jedoch auch nicht nehmen, den letzten Teil der Trilogie mit Auftritten von Ghostface Killah, Young Buck, Raekwon, Dead Prez, Kurupt, Talib Kweli, Little Brother oder seiner langjähirgen Begleiterin Jonell aufzupeppen.

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