laut.de-Kritik

Abwechslung is king!

Review von

Vielseitigkeit ist ja nicht unbedingt eine der großen Eigenschaften von Hip Hop-Produzenten. Pete Rock macht BoomBap, Lil' Jon crunkt den Synthesizer, Madlib samplet wie ein Irrer, Eminem lässt Beats scheppern, und Scott Storch vermischt Hip Hop mit Pop. Markentreue nennen das BWLer. So erkennt jeder halbwegs interessierte Head den Produzenten am Beat, weil eben jeder Beatbastler seine eigene Handschrift trägt. Nicht so Tony Cottrell aka Hi-Tek, der vielleicht vielseitigste Produzent, den Hip Hop im Jahr 2006 zu bieten hat.

Konsequent vermischt Hi-Tek nämlich auch auf seinem zweiten Solo-Album "Hi-Teknology Vol. 2" seine Einflüsse und liefert ein Potpourri aus der eigenen Biographie von der Rawkus-Ära bis zur Dreschen Aftermath-Zugehörigkeit. Hi-Tek hat in der Vergangenheit sowohl Reflection Eternals "Train Of Thought" - einen Klassiker im Conscious Rap-Genre - geschaffen, wie auch die gesamte G-Unit-Posse um Boss Fiffty mit Club-Brechern versorgt. Und gerade weil sich das auf den ersten Blick alles so gar nicht grün sein will, ist "Hi-Teknology Vol. 2" ein so gutes Album geworden. Abwechslung is king!

Den absoluten Höhepunkt gibt es gleich zu Beginn auf "Keep It Moving", wenn Q-Tip, Kurupt und Dion auf einen Traum von einem Beat treffen: Wohlfühlklänge schmieden sich locker an Kick und Snare, und Q-Tip flowt wie in den allerbesten Tribe-Zeiten seine Weisheiten in die Richtung der freudig wartenden Ohren. Talib Kweli und Ayak bekommen von Hi-Tek ähnlich liebliche Sounds und fragen sich auf Streichern und Piano zwischen Tränen und einem Lächeln "Can We Go Back"? Ja, die alten Rawkus-Zeiten wünscht sich so mancher Rucksackträger zurück. Ghostface Killah schließt mit "Josephine" vorläufig das Kapitel der ruhigen Töne, jedoch nicht ohne, mit einer tragischen Ghettostory, ordentlich für Gänsehaut zu sorgen.

In Folge gibt Hi-Tek den Beats ein wenig mehr Druck und überlasst Drill-Sergeant Busta Rhymes das Parkett, der mit bekanntem Rap-Stakkato zum "March" bläst. Mit "Where It Started At (NY)" gelingt schließlich dem Big Apple-Dream Team aus Papoose, Jadakiss, Talib Kweli und Raekwon eine astreine Hip Hop-Hymne, die mit bedrohlichen Streichern und Pianos den Hörer definitiv genau dahin bringt, wo alles begann. Vom Epizentrum des Ostens geht es gleich darauf direkt zum neuen Wohnort Hi-Teks: das Aftermath-Studio in Los Angeles. Auf "1-800-HOMICIDE" rollt The Game nonchalant über einen dreckigen G-Funk-Schwinger und macht die Bühne für pumpende Bässe und den Post-Rawkus Hi-Tek frei. Xzibits Strong Arm Steady erörtern Ghettophilosophien ("Money Don't Make You Rich") und Nok & Haze treiben es auf dem herrlich käsigen "Baby We Can Do It" wild.

Die Willie Cottrell Band holt den Produzenten wieder zurück zu seinen Anfangstagen, in der ein wirklich musikalischer Anspruch mehr zählte als die Radio-Airplay-Affinität. Bei "People Going Down" und "So Tired" stellen sich die Nackenhaare wie zu besten Black Star-Zeiten auf, wobei daran auf "So Tired" sicherlich auch Bun B. und Devin The Dude einen großen Anteil haben. Kein Vergleich jedoch dazu, wenn Nas, J Dilla, Common, Busta Rhymes, Hi-Tek selbst und Marsha Ambrosius von Floetry ihre Liebe zur Musik erklären ("Music For Life"). Dieses Team und eine endlos traurige Flöte treiben einem die Tränen in die Augen und trösten in jedem Fall über das Fehlen von Mos Def, Snoop Dogg und Slim Thug auf diesem Album weg.

Trackliste

  1. 1. Oracle (Intro)
  2. 2. Chip
  3. 3. Keep It Moving
  4. 4. Think I Got A Beat
  5. 5. Can We Go Back
  6. 6. Josephine
  7. 7. March
  8. 8. Where It Started At (NY)
  9. 9. 1-800-Homicide
  10. 10. Money Don't Make U Rich
  11. 11. Baby We Can Do It
  12. 12. Let It Go
  13. 13. People Going Down
  14. 14. So Tired
  15. 15. Music For Life

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