laut.de-Kritik
Ja, so weit kann die Fanliebe gehen.
Review von Alexander Engelen2003 begab sich die Hieroglyphics-Crew sechs Wochen lang auf US-Tour. Zwischen Florida, Vancouver, San Diego, Seattle und ihrer Heimatstadt Oakland ist viel passiert. Die Erlebnisse der Tour teilen Casual, Del the Funky Homosapien, die Souls of Mischief und Pep Love mit ihren Fans in Form dieses Doppelalbums, das neben einer einstündigen Live-CD auch noch mit einer stattlichen Tour-DVD aufwartet.
Der Klassiker schlechthin darf auf der Live-Zusammenstellung natürlich nicht fehlen. Wie kein anderes Stück verbindet die Hip Hop-Gemeinde den Track "'93 Til Infinity" mit der Hiero-Crew. Wie zu erwarten, ist die Live-Version wahrlich ein ganz spezielles Ereignis. Die Single hat vor zwölf (!) Jahren den Grundstein für eine ganze musikalische Bewegung an der Westküste gelegt und sollte jedem halbwegs eingefleischten Head eine Gänsehaut verursachen. Doch genauso wenig, wie man die Hieroglyphics (beziehungsweise die Souls of Mischief) auf diese eine Nummer reduzieren sollte, hat auch "Full Circle Tour" weitaus mehr zu bieten als "'93 Til Infinity".
Weitere Hitsingles aus mehreren Alben klingen nämlich live wunderbar denn je. Vom Hiero-Debüt "Third Eye Vision" stammen unter anderem "At The Helm", "After Dark" und die unverschämt sympathische Laidback-Hymne "You Never Knew". Außerdem präsentieren einige Mitglieder der Crew Stücke ihrer Solobemühungen, wie zum Beispiel Tajai, der das energiegeladene "Dum Dum" von seinem 2004 erschienenen Debüt "The Power Movement" zum Besten gibt. Zum größten Teil bekommen die Fans natürlich Nummern des Albums "Full Circle" zu hören, das galt es schließlich auf der Tour landesweit vorzustellen. "Powers That Be" der simple Nackenbrecher, die funkige Flötennummer "Halo" und das schräge "Heatish" zeigen, dass "Full Circle" live überzeugend funktioniert. Als Gimmick zum Schluss haben die Hieroglyphics noch zwei unveröffentlichte Studiotracks auf die Platte gepackt. Die wirken zwar ein wenig fehl am Platz auf dem Live-Album - ihnen fehlt es auch etwas an Power - nichtsdestotrotz sind "What The Funk" und "Shout It Out" hochqualitative, straighte Rapnummern.
Die Tour-DVD liefert den Beweis, dass es den Hieroglyphics auf ihrer "Full Cicle"-Tour an nichts gefehlt hat; sie zeigt verrückte Fans, Autogramme auf weiblichen Geschlechtsmerkmalen, einen Gefängnisaufenthalt, Probleme mit dem Grenzschutz, Freestyles im Tourbus sowie ordentlich Heineken, Hennessey und Haschzigaretten. Als Zusatzfeatures werden alle Mitglieder der Hieroglyphics in kurzen Portraits vorgestellt, außerdem dürfen die richtigen "Die Hard"-Fans ihre Hieroglyphics-Tattoos in die Kamera strecken. Ja, so weit kann die Fanliebe gehen. Außerdem entzückt der Clip zur Single "Make Your Move" mit der Bay Area-Soulsängerin Goapele.
"Full Circle Tour" zeigt die stressigen Seiten des Tourlebens, dokumentiert die spaßigen Momente, berichtet von Streitereien und liefert einen Einblick in das Tourneeleben des Hieroglyphics-Kollektivs. Die größte Freude bescheren aber die zahlreichen Live-Mitschnitte, die eine Meute Rapper auf der Bühne zeigen, die da ganz offensichtlich aus Liebe zur Musik stehen. Dabei sollte doch jedem Hip Hop-Head das Herz aufgehen, oder?
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