laut.de-Kritik
Die englische Punkqueen und ihre romantische Seite.
Review von Jasmin LützWer möchte nicht mit Holly Golightly bei einem Tanzmarathon irgendwo in Amerika in den 30er Jahren übers Parkett wanken, eng umschlungen und blutigen Füßen? Mit müden Augen schaut uns Holly auf dem Cover ihres neuen Albums "Slowly But Surely" erschöpft, aber gleichzeitig zufrieden entgegen. Zugegeben, diese Art von Wettbewerben waren eine Zumutung. Eine tagelange Tortur, der sich vorwiegend arme Menschen aussetzten, um ein Dach über dem Kopf und ein paar Dollar in der Tasche zu haben.
Doch für Holly dürfte man alles tun. Sie gibt uns schließlich schon seit Jahren Einlass in ihre großartige Musikwelt. Sei es als 60s Girl Group-Kopf der Garagenband Thee Headcoatees oder als Solokünstlerin, die mit "Slowly But Surely" ihr dreizehntes Album heraus bringt. Langsam aber sicher lernen wir die englische Punkqueen von ihrer romantischen Seite kennen.
Eine Reise durch die 30er, 40er bis hin zu den 60er Jahren. Mit "On The Fire" beginnt der verführerische Country-Folk Soundtrack mit der Vielseitigkeit einer Holly Golightly. Man erinnert sich an Hank Williams, Nancy Sinatra und Lee Hazelwood. Die Texte der englischen Rock'n'Roll-Dame könnten ehrlicher nicht klingen. Vertrauen und Liebe werden dabei gefühlvoll interpretiert.
Ihre melancholischen Songs, die keineswegs verzweifelt um Hilfe schreien, klingen so amerikanisch, dass man ihren Geburtstort wohl nur an ihrem Akzent erkennt. "Luckiest Girl" überzeugt mit einer ungewöhnlichen Instrumentalisierung. Hier treffen Orgel und Sitar auf die wunderbare Stimme der Golightly. Das Billy Childish Lieblings-Girl hat mit Sicherheit das Herz am rechten Fleck stehen, und der Rock'n'Roll ist darin für immer tief verwurzelt. "In Your Head".
In einer verqualmten Kneipe mit illegalem Alkoholausschank (Speakeasy) sitzt man plötzlich dank der Coverversion von Little Willie John "My Love Is", mitten in New York City. Starke Hände zupfen den Kontrabass, mit schnippenden Fingern swingt der schwermütige Blues. Für diesen und alle anderen authentischen Szenenwechsel dieser Platte ist mit Sicherheit auch der Produzent Liam Watson verantwortlich. In den Toe Rag Studios in London wurden die Aufnahmen bearbeitet. Eine wunderbare Platte auf einem tollen Label (Damaged Goods), für gute Menschen und welche, die es werden sollen.
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