laut.de-Kritik
90 Minuten pure Energie.
Review von Andreas DittmannHot Water Music brauchen keine große Show mit Licht, Pyro und Laser, kein bombastisches Orchester-Intro oder halbnackte Cage-Dancerinnen. Ohne Schnickschnack und Firlefanz kommen die vier Punkrock-Helden auf die Bühne und stöpseln die Instrumente ein. Chris Wollard nimmt vermutlich noch einen Schluck aus der Bierflasche, Chuck Ragen spricht ein paar Worte zum Publikum ("Bless your hearts!"), dann geht's los: 90 Minuten pure Energie.
Letztes Jahr veröffentlichte die Band ihr tolles Comeback-Album, vier Jahre nach der Reunion. Die "Live In Chicago"-Scheibe ist allerdings keine neue Aufnahme mit den aktuellen Songs, sondern von ihrer 2008er-Tour, als sie gerade wieder frisch zusammen waren. Die Platte ist also mit Klassikern aus allen vorherigen Alben gespickt: "Trusty Chords", "Remedy", "Free Radio Gainsville" und wie die großen Hymnen und kleinen Kracher alle heißen.
Das ist erst mal alles recht schön, weil die Jungs tierisch gut drauf sind und vor Spielfreude fast platzen. Wie Jason Black bei "No Division" über sein Griffbrett fegt und seinen Basslauf ganz relaxt runterzockt, das macht doch immer wieder Laune. Wenn George Rebello am Ende von "Instrumental" die Toms rauf und runter bollert, kann man sich gut sein verbissenes Gesicht dazu vorstellen.
Chuck Ragans und Chris Wollards ineinander verzahntes Gitarrenspiel und die Reibeisen-Stimmen gehören sowieso zum Besten, was der Punkrock zu bieten hat. Das alles klingt live natürlich noch um einiges rauher, brutaler und ungeschliffener als auf Platte.
Aber auch weniger perfekt. Vor allem bei der Abmischung scheint irgendwo der Wurm drin zu sein. Immer wieder verschwinden die Stimmen hinter den schreienden E-Gitarren. Chris und Chuck scheinen sich manchmal selber nicht zu hören und vergreifen sich dann im ein oder anderen Ton. Das ist nicht weiter schlimm, gehört ja auch irgendwie dazu, fällt aber bei so einer Live-Scheibe viel mehr auf als beim Konzert selber.
Hot Water Music sind eine großartige und durch und durch sympathische Live-Band. Trotzdem macht "Live In Chacago" nicht durchgängig Spaß. Denn sie bringt das Gefühl, auf einem HWM-Konzert zu sein, nicht gut rüber.
Klar: In deinem Zimmer oder deinem Auto stehen keine wildfremden Menschen, mit denen du Arm in Arm "Live your heart and never follow!" brüllst. Die Gemeinschaft, die zu Hot Water Music Konzerten dazugehört wie Karo-Hemden und tätowierte Unterarme, fehlt eben. Wenn die Jungs demnächst wieder auf Tour sind gehe ich hin, daheim lege ich aber lieber "No Division" auf.
1 Kommentar
Jeder noch so abgefuckte Tag wird durch diese Band gerettet...live gleich 10mal