laut.de-Kritik
Kantenlose Schlager, charmant vorgetragen.
Review von Dani FrommEigentlich hätte man es bereits ahnen können, als er Ende 2003 seinen Hut nahm und sich aus dem Show-Geschäft verabschiedete: Einem alten Bühnenviech wie Howard Carpendale wird das Rentnerdasein nicht gerade leicht fallen. Knappe vier Jahre hat er es im Ruhestand ausgehalten. Jetzt heißt es "Hello Again" - und das ein ganzes Album lang.
Um es wieder einmal zu betonen: Ich find' Schlager toll. Angesichts des thematischen Einerleis und seiner ecken- wie kantenlosen musikalischen Ausgestaltung stehe ich dennoch einigermaßen ratlos vor Carpendales Comeback. Die Zielgruppe lebt noch. Diese bloß nicht zu verschrecken, scheint ein Hauptanliegen hinter "20 Uhr 10" gewesen zu sein.
Zu diesem Behufe bedient man sich ebenso unaufgeregten wie leider unaufregenden Pop-Arrangements. Ein wenig Streicherschmalz, eine dudelnde Oboe oder ein Saxophon im Abgang, auch mal eine E-Gitarre ... All das wirkt, als trällere Peter Cornelius permanent ein "Du, entschuldige, i kenn di" um die Ecke: wie tausendfach gehört.
Von Tempo kann keine Rede sein. Das höchste der Gefühle stellt da schon fast das endlich einmal etwas flottere "Bin Wieder Da" dar, das musikalisch aber auch nicht über die Kategorie "gefälliger Popsong" hinaus kommt. Weitaus stärker vertreten - und zugegebenermaßen besser geeignet, um Carpendales Selbstreflektionen zu illustrieren - ist das klassische Balladeninstrumentarium.
An sich schon zopfig genug, kippt die leise Melancholie hie und da in eine Theatralik, die nun wirklich nicht nötig gewesen wäre; so zu beobachten beispielsweise im Titeltrack oder in "Wenn Ich Könnte wie Ich Wollte". "Durban, South Africa" präsentiert sich dagegen luftiger und lange nicht so überfrachtet, dosiert die afrikanischen Elemente jedoch derart homöopathisch, dass die Weltoffenheit letztlich auch nur angedeutet wird. Schade, doch zu exotisch darf es für den deutschen Schlagerkonsumenten offenbar nicht werden.
Bei Howard Carpendale handelt es sich nun wirklich nicht um ein Stimmwunder. Ein besonders beeindruckendes Gesangsorgan hatte der Mann schließlich noch nie. Unbestritten verfügt er aber über die Gabe, mit Ausdruck, Worten und seinem charmant unverwechselbaren Akzent Atmosphäre zu kreieren. Ein geschickter Schachzug also, diese Talente mittels gesprochener Passagen ("20 Uhr 10", "Dieser Traum") voll auszuspielen.
Dennoch: Die inhaltliche Ödnis zeigt erschreckende Dimensionen. Es scheint mir nachvollziehbar, dass, wer mit großem Bahnhof seinen Abschied beging, Einiges mit sich selbst zu hadern hatte, bevor er sich zu einem weiteren Anlauf entschließt. "Denn so ganz geht man nie." Auch, dass ein Künstler diese Erfahrung mit seinen Fans teilen möchte, verstehe ich durchaus.
Muss man deswegen die alte Mähre Goodbye-Hello einen ganzen langen Longplayer lang zuschanden reiten? "Na Und?" wird mir Mr. Carpendale vermutlich unbeeindruckt entgegen halten. Ein besonders schlagkräftiges Argument war das allerdings noch nie.
21 Kommentare
Was ist hier los? Nette Review und so, aber: Will sich Laut.de jetzt neue Leserkreise erschließen? Müssen wir uns hier demnächst mit Andrea Berg-Fans rumschlagen, die per Kommentarfunktion hier reinrutschen?
Bitte nicht. BIIIITTTTEEE!!!
höi!
kein platz für scheuklappen, hier.
ich!
find!
schlager!
toll!
Vollkommen richtig. Keine Scheuklappen, bitte. Wobei, wo ich letztens bei Carmen Nebel "Na und" von dieser neuen Platte gehört hab... Nun ja. Gute Musik ist was anderes.
Aber HALLO. Howard Carpendale's "20 Uhr 10" ist beim laut.de-Portal "Album Top 5" auf Platz 3. Nach "The Die Ärzte" und "The Eagles". Soviel zu Olsens "Will sich laut.de jetzt neue Leserkreise erschließen" und zum Thema "Stützstrümpfe". Ich weiß ja nicht, wie diese "Top 5" ermittelt werden, aber richtig und interessant und kurzweilig ist es in jedem Fall, das Thema "Schlager" kritisch zu diskutieren.
Aber hallo! Das unterstützte ich voll, und könnte höchst amüsant werden! Aber heute keine langen Texte mehr...es ist schon spät.
Bei den aktuellen Charts interessant: In den Top 5 befinden sich immerhin drei deutschsprachige Produktionen unterschiedlichster Machart. Da schreie noch einer nach einer staatlich verordneten Quote!
Interessanter Artikel! Wer aber auf Howie steht und die neue CD kaufen will, hat jedenfalls den Vorteil, daß er/sie sich nur einen Titel davon anspielen lassen muß. Wem er gefällt, dem gefällt auch die ganze CD. Als Hintergundmusik wirkt sie nicht störend, und wem's gefällt, der soll's auch kaufen. Fans dieser Musik scheint's jedenfalls noch jede Menge zu geben, wenn man bedenkt, was Howie allein in diesem Jahr an "neuen" CDs und DVDs auf den Markt geworfen hat.