laut.de-Kritik
Rootige Positivity auf filigranen Gitarren.
Review von Dani FrommEinem Mann, der in Zeiten von Gangsta-Rap und bestenfalls clubtauglichen Dancehall-Späßen, wie sie etwa Sean Paul an den Start bringt, mit einem lupenreinen Rootsreggae-Tune internationalen Erfolg einfährt, dem möchte man gratulieren. Drei Jahre liegt "Can't Satisfy Her" inzwischen zurück, die Welt befindet sich mittlerweile nicht unbedingt in erfreulicherem Zustand, doch I Waynes positive Sicht auf die Dinge: Sie ist unantastbar. Auch sein zweites Album "Book Of Life" erweist sich als ein einziges Manifest der Dankbarkeit und Lebensfreude: Warum aufregen? "Living Is Easy".
Ein klein wenig esoterisch veranlagt sollte man schon sein, um Abfeierei von Sonne, Mond und Sternen, Wind, Blitz und Donner in vollem Umfang genießen zu können. Gar zu simpel erscheint mir zuweilen die hinter allem hervorblitzende "Life is Love und umgekehrt"-Philosophie. Und - viel wichtiger - man muss in der Lage sein, sich mit I Waynes Stimme anzufreunden. Der Kerl aus Portmore intoniert seine Songs in ungewöhnlich hoher Tonlage.
Zart bis zur Zerbrechlichkeit wirken seine Vocals, und doch verraten sie einen entschlossenen, in sich ruhenden Charakter, der es nicht für nötig hält, sich übertrieben in den Vordergrund zu spielen. Vielerorts erscheint I Waynes Gesang, obwohl er ob seiner Exotik die Aufmerksamkeit auf sich lenkt und fesselt, doch nur wie ein Instrument unter vielen. So flicht er sich zum Beispiel im Titeltrack, der eher wie das von jamaikanischen Einflüssen aromatisierte Werk eines Singer/Songwriters denn wie ein klassischer Reggae-Tune tönt, neben der Gitarre in die warme, hochgradig melodische Produktion.
Filigranes Gitarrenspiel nimmt ohnehin viel Raum ein: im sachten "Life Is Easy", im ebenso sehnsuchtsvoll wie detailreich ausgestalteten "Need Her In I Arms" neben Streicher- und Flötentönen und Windrauschen, oder in "No Vanity Love" zusammen mit Percussion-Elementen. Letzteres bewegt sich Beats sei Dank ebenso wie "Smart Attack" schon fast in Richtung Dancehall, während "Annihilation", durchzogen von Hall und Echo, ein eher dubbiges Erscheinungsbild pflegt.
Die Besonderheiten von I Waynes Stimme werden immer dann besonders augenfällig, wenn er sich einen Duettpartner oder Kollegin Lady G. ins Boot holt. Diese liefert in "Jealousy And Abuse", bei dessen Produktion I Wayne selbst maßgeblich Hand angelegt hat, einen staubtrockenen Vortrag, der die Brisanz des Themas noch unterstreicht. Zu der üppigen Instrumentierung in "Politics And Religion" steuern die beiden Uralt-Hasen Sly Dunbar & Robbie Shakespeare Drums und den Bass bei.
Nichtssagende Texte sucht man vergebens, I Wayne hat stets etwas mitzuteilen. Ob es dabei um häusliche Gewalt, Politik, Krieg oder die verführerische Macht des Geldes geht: Ein Abgleiten in Verbitterung oder Hoffnungslosigkeit gestattet sich der Sänger hier ebenso wenig, wie es in Lovesongs oder dem zwingend erforderlichen Lobgesang an das göttliche Kraut ("Natural Ites"), der das Album beschließt, angebracht wäre.
Augen auf, aber den Kopf trotzdem oben behalten! Diese Maxime findet sich in I Waynes "Book Of Life" in jeder einzelnen Zeile und zur Sicherheit noch einmal zwischen denselben. Solange niemand eine bessere zu bieten hat und sie zudem in einer Weise eingängig verpackt daher kommt wie in "Money Dem A Run Down" oder "Dart To Them Heart": nicht die schlechteste Idee.
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