laut.de-Kritik
Hier kommt man der Jungfrau so nah wie nie zuvor.
Review von Michael EdeleViele Leute, ich eingeschlossen, haben im Vorfeld der 'Somewhere Back In Time'-Tour von Realitätsverlust gesprochen. Und mal im Ernst: in einer extra für das massige Equipment umgebauten Boeing 757 namens Ed Force One um den Globus zu heizen und dabei in 45 Tagen 80.000 Kilometer zurückzulegen und 23 gigantische Konzerte zu spielen, ist schon nah am Wahnsinn ... verlangt aber auch jede Menge Respekt!
Vor allem, wenn man die ganze Zeit auch noch ein Kamerateam um sich herum hat und damit Gefahr läuft, nie wirklich abschalten zu können. Allerdings sind Maiden ja allesamt Profis genug, um zu wissen wie der Hase läuft. Und Sam Dunn und Scot MacFadyen ("Metal - A Headbanger's Journey") sind ebenfalls inzwischen ein eingespieltes Team und rücken das Megaunternehmen in ein entsprechendes Licht.
Ein einziges Manko an dem Streifen fällt gleich zu Anfang auf: Wenn man im Vorspann die Ed Force One sieht, dann muss dazu doch "Aces High" laufen und nicht "Rhyme Of The Ancient Mariner"!
Selbst, wenn man der ganzen Aktion kritisch gegenüber steht, ist man doch innerhalb weniger Minuten fasziniert. Die extra umgebaute und lackierte Maschine, die Stewardessen im Maiden-Shirt, Bruce Dickinson als Kapitän ... unglaublich!
Und schon geht es los, plötzlich ist man in Indien. Ok, da müssten sie es gewohnt sein, auf engstem Raum zusammen zu stehen, aber wie sich beim Konzert in Mumbai die Massen drängen, ist schon fast beängstigend. Jede Wette, ein paar von den Jungs, die die Band am Flughafen abpassen, haben anschließend ne Freudenpfütze in der Hose.
Und damit stehen sie nicht allein. In Südamerika bricht ein Fan, der einen von Nickos Drumsticks gefangen hat, in Tränen aus. Ein paar hundert Kilometer weiter hat ein Priester über 100 Maiden-Tattoos auf seinem Körper verteilt. In Kolumbien müssen sämtliche Besucher massive Polizeischikanen über sich ergehen lassen, um die Briten zu sehen, und was in L.A. von Tom Morello über Lars Ulrich und Kerry King bis hin zu Dio an Prominenz aufläuft, ist auch kein Spaß mehr.
Während der Doku kommt man Maiden nah wie nie zuvor. Die Jungs sind einfach nach wie vor bodenständig, freundlich und witzig, wie die Pressekonferenz und der komplette Film beweisen. Schön auch, wenn die Band über Rod Smallwood erzählt oder später auch immer wieder ein wenig über die jeweiligen Bandmitglieder. So spielt Adrian Smith bei den Day Offs mal kurz mit dem ehemaligen Wimbledon-Gewinner Pat Cash eine Runde Tennis, während Nicko und Dave lieber golfen gehen.
In einer anderen Szene sieht man Bruce Dickinson, wie er sich neben einem Dixi im Backstagebereich warm singt und die Szene mit einem lapidaren: "Irgendwo ist immer ein Scheißhaus, auf dem man sich warmsingen kann", auflöst. Letztendlich sind es aber immer wieder die Szenen mit der unglaublich emotionalen Fanschar, die diese DVD zu solch einem Erlebnis machen. Immerhin finden Iron Maiden trotz all ihrer Erfolge in den seriösen Medien nach wie vor so gut wie garnicht statt.
Die Art und Weise, wie Sam Dunn und seine Jungs die Doku umgesetzt haben, ist gewohnt professionell, die Erzählweise des Films ist interessant und spannend gestaltet. Um sowohl den zahlreichen Konzertszenen als auch der Bonus-DVD mit den 100 Minuten Live-Material einen anständigen Sound zu verpassen, hat sich Haus und Hof-Produzent Kevin Shirley eingeschaltet. Dass das Bild- und Tonmaterial erstklassig ist, versteht sich wohl ebenso von selbst wie die Tatsache, dass Bruce Dickinson immer noch ein ganzes Arsenal an geschmacklosen Hosen besitzt.
Größenwahn, Realitätsverlust oder einfach nur ein gigantisches und außergewöhnliches Experiment: "Flight 666 The Film" ist für jeden Maiden-Fan ein Muss und für jeden Musikinteressierten eine äußerst interessante Erfahrung.
23 Kommentare
Ich war in Paris dabei, Maiden ist und bleibt die beste Metal-Band der Welt!
@laut.de (« Immerhin finden Iron Maiden trotz all ihrer Erfolge in den seriösen Medien nach wie vor so gut wie garnicht statt. »):
Das hat mich früher auch gestört. Ich habe Maiden noch nie im TV gesehen und wäre damals bestimmt viel früher Fan geworden bzw. hätte überhaupt ihre Musik gekannt, wenn mal irgendwo was von ihnen gezeigt worden wäre...
Die laut-Kritik ist sehr gut geschrieben und macht richtig Lust auf die DVD.
Ich glaub Eddy hat auch 'ne Pfütze in der Hose wenn er Maiden treffen würde (:
Erste MusikDVD die mir sympathisch erscheint.
Außerdem, hey, das generiert Klicks für Laut.de. Dürfte einigen Leuten also nicht sooo ungelegen kommen.
@Alex (« @Scissorman (« Da müssen ein paar besonders Eifrige wieder mächtig Zeit investiert haben, um die Leserwertung derartig zu drücken (bzw. zu verfälschen). Setzt sich da jemand ernsthaft hin und klickt hunderte Male auf "1", um seinen Missmut gegen bestimmte Musikrichtungen Ausdruck zu verleihen? Armselig... »):
wäre nicht das erste und wahrscheinlich auch nicht das lezte mal in der laut.de-geschichte. »):
*Kreuz drunterkritzel*
wer gibt schon was auf solche abstimmungen??!
da achten doch eh nur leute drauf, die zu schwach sind sich eine eigene meinung zu bilden...