laut.de-Kritik
Country-Punk für schmierige Latino-Western.
Review von Daniel StraubCountry ist wieder salonfähig. Und das nicht nur in irgendwelchen Dorfpinten am Fuße der Great Smokey Mountains im Herzen von Tennessee. Nein, auch gestandene Punkrocker dürfen sich zum amerikanischen Erbe ganz ohne Schamesröte im Gesicht bekennen. Jüngstes Beispiel des neu erwachten Traditionsbewusstseins ist die Band Jackass, die mit ihrem Debütalbum "Plastic Jesus" punkige Nonchalance mit countryesker Romantik zusammen bringt, ohne gleich in wüsten Kitsch umzukippen.
Seine Wurzeln hat das Quartett in der Hardcore- und Punkszene Südkaliforniens, wo Mitte der 80er Jahre alles, was in der Szene Rang und Namen hatte, beheimatet war. Eines dieser Punkurgesteine sitzt in Gestalt von Peter Finestone bei Jackass an den Drums. Bevor der im Country-Punk einen zweiten Frühling erlebte, trommelte Finestone fast von Beginn an bei Bad Religion. Als Mitglied von Jackass darf er die Drumsticks nun etwas gemächlicher auf die Felle krachen lassen, was aber nicht heißen soll, dass hier eine Altherrencombo gemütlich vor sich hin musiziert.
Ganz im Gegenteil. Die Songs sind Punk, die Melodien Country. Dabei haben sich Jackass das California-Feeling für lockere Grooves bewahrt und würzen den treibenden Drive ihrer Songs mit typischen Country-Blues-Riffs, die tief im kollektiven Gedächtnis Amerikas verwurzelt sind. Mit Madonna und den Backstreet Boys finden sich zwei Cover von noch nicht so tief in die Erinnerung eingesunkene Künstler auf der Setlist von Jackass.
"Music" und "I Want It That Way" werden konsequent auf galoppierende Rancho-Country-Rhythmen getrimmt und dürfen so einmal ganz unverhohlen rocken. Es sei ihnen gegönnt. Jackass legen aber auch mit Eigenkompositionen wie "Plastic Jesus" nach, die den passenden Soundtrack zu jedem Latino-Western abgeben würden. Eine gute Portion Trash ist hierbei unvermeidlich. Die setzen Jackass wohl dosiert ein, und so ist ihr Longplayer "Plastic Jesus" eine Hommage an das große musikalische Erbe Amerikas mit augenzwinkerndem Blick auf die eigene Zeit.
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