laut.de-Kritik

Eleganz statt Gemetzel von der Supergroup des Art-Punk.

Review von

Der komische Name Jaguar Love, erklärte Johnny Whitney mal vor einem Konzert, drücke schon beim Aussprechen einen völlig anderen musikalischen Ansatz als den seiner letzten Hardcore-Band Blood Brothers aus: Dort Blut und Gemetzel, hier Liebe und Eleganz.

Sperrig und gewöhnungsbedürftig sind die ersten Minuten von "Highways of Gold" und "Bats Over The Pacific Ocean" natürlich immer noch: Neben einem stolpernden Beat und verspulten Gitarren muss man sich trotz deutlich mehr Melodik kurz davon überzeugen, dass da tatsächlich ein Typ am Mikro steht, kein Riot Grrl: Johnny Whitney gibt in gewohnter Manier die panische Diva; kreischt, glamrockt, hyperventiliert, leidet und überschlägt sich.

Doch dann fügt sich plötzlich alles und man denkt: Wie wundervoll! Die Symbiose aus ungeduldigem, leidenschaftlichen Gesang und den großartigen Melodien, die vor Soul fast schon zu bersten drohen, den catchy Gitarrenlinien und der Energie, die ausnahmslos jedem einzelnen Song innewohnt, ist einfach zu gut und lässt den Hörer taumelig zurück. Die von Drummer Jay Clarke (Ex-Pretty Girls Make Graves) produzierten Songs sind druckvoll, hochmelodisch und immer etwas unbequem – aber sorgsam arrangiert, nicht mehr blind wütend.

Klar ist der Überbau der zehn Stücke noch Seattler Noise und Art-Punk, aber mit einer äußerst versöhnlichen, bittersüßen Pop-Vision in der Hinterhand. Besonders die hymnische Soulballade "Georgia" schwelgt und hallt mit flatternden Orgeln noch lange nach.

Bei den einnehmenden Melodien in optimistischer Verpackung fällt bei den ersten Hördurchgängen gar nicht richtig auf, dass die Texte - die sich auffallend oft Knochen und, naja, Vögel als Metaphern leihen - böse enden. Dylan Thomas wäre stolz auf Whitney, der seine Kurzgeschichten durch den surrealistischen Mixer jagt und sie dem Publikum als verwinkelte, düstere Anekdoten wieder auftischt.

Zwischen Eingängigkeit und bockiger Verkünstelung laufen Jaguar Love auf einem schmalen Grat – und bewegen sich darauf doch souverän und leichtfüßig. Jeder, der sich also der kleinen Herausforderung stellt und sich mit dem hochgepitchtem Storytelling und vokalistischen Gestikulieren anfreunden kann, hat hier seine helle, ekstatische Freude - und das nicht nur für ein paar Wochen.

Trackliste

  1. 1. Highways Of Gold
  2. 2. Beats Over The Pacific Ocean
  3. 3. Jaguar Pirates
  4. 4. Georgia
  5. 5. Vagabond Ballroom
  6. 6. Humans Evolve Into Skyscrapers
  7. 7. Antoine And Birdskull
  8. 8. Bone Trees And Broken Heart
  9. 9. The Man With The Plastic Suns
  10. 10. My Organ Sounds Like...

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