laut.de-Kritik
Im Bannkreis King Crimsons.
Review von Yan VogelJakko M Jakszyk kann in seiner Vita bereits mehrere Meilensteine vorweisen. Mit 64 Spoons war er Ende der Siebziger dem Artrock zugewandt und entwickelte sich im Laufe der Achtziger zu einem angesagten Gitarristen. Und doch gibt es zwei Jahre, die seinen Lebensweg maßgeblich prägten.
1971 sog er als Jungspund auf, wie King Crimson in ihrer kauzig charmanten Art den Progressive Rock definierten. 40 Jahre später zeichnete er im Verbund mit Robert Fripp und Mel Collins für die letzte Veröffentlichung mit unikale Songs aus dem Crimson-Kosmos verantwortlich. Ihr Album "A Scarcity Of Miracles (A King Crimson Projekct)" verband freigeistige Jams mit elegischen Momenten. Die meiste Zeit folgt der Hörer dem kreativen Gedanken der Protagonisten im Hier und Jetzt.
Seit 2013 steht der Sänger und Gitarrist bei der Progressive Rock-Legende zwar in Lohn und Brot. Da aber von einzelnen Song-Fragmenten und einer ständig köchelnden Gerüchteküche abgesehen nichts Nennenswertes passiert, wählt Jakszyk nun den Weg der Soloveröffentlichung. Er selbst umschreibt die Situation wie folgt: "Wir leben alle in unterschiedlichen Teilen der Welt. Insofern wäre es ziemlich kostenintensiv, ein neues King Crimson-Studioalbum aufzunehmen. Früher hast du live gespielt, um ein neues Album zu promoten. Heute wirft außer Konzerten kaum mehr etwas Geld zum Leben ab. Zudem passte einiges Material nicht zu King Crimson".
Einen der wenigen Querverweise zu "A Scarcity Of Miracles" findet der Hörer mit der ersten Single "A Trouble With Angels", die deutlich an "This House" angelehnt ist. Auch bändigt Jakszyk die überbordenden Geistesergüsse Fripps, der nur in seltenen Momenten durchblitzt wie im Closer "Separation", der dem Prog der Frühzeit von Crimson oder weiteren Königen des Genres wie Yes und Gentle Giant verbunden ist.
Kein Track gleicht dem anderen: Man weiß nicht, was einen erwartet, aber möchte keinen Ton davon verpassen. Auf das Können der Kollegen greift er dafür natürlich gerne zurück. Jakszyk bewegt sich im Bannkreis des Crimson King. Schlagzeug-Künstler Gavin Harrison und Bass-Monster Tony Levin liefern das Fundament, während Crimson-Zentralgestirn Robert Fripp einige manisch magische Ideen einstreut.
"Before I Met You" präsentiert Jazz-Rock, während "Fools Mandate" ein Duett mit Van Der Graaf Generator-Fronter Peter Hammil darstellt. "Wir sind schon seit längerem miteinander bekannt", lässt der Initiator wissen und führt weiter aus: "Klar war für mich auch, dass er nicht nur spielt und singt, sondern dass wir kollaborieren. So sind wir in einen kreativen Austausch miteinander getreten und haben uns Ideen hin und hergesendet. Mal mit einer Gitarrenidee, dann wiederum einigen Vocal-Overdubs. Die Lyrics diktieren das Kernthema auf deutliche Weise, denn es geht um den mittleren Osten. Die musikalische Umsetzung dieses Sujets mit Weltmusik war folgerichtig".
Die Instrumentalnummer "Secrets, Lies & Stolen Memories" spielt mit klassisch romantischen Versatzstücken. Bemerkenswert ist die hohe Koinzidenz von Text und Musik wie im nervös rhythmischen "Uncertain Times". Jakzsyk setzt sich hier mit dem Brexit auseinander und populistischen Parolen, die die Leute trennen, statt sie zu vereinen. Brillant gelingt gar der Aufbau von "It Would All Make Sense", in der ersten Hälfte vorsichtig tastend, in der zweiten in einem schwelgerischen Refrain.
Die Ballade "The Rotters Club Is Closing Down" huldigt Hatfield And The North und dessen Hauptkomponisten Pip Pyle. Deren zweites Album "Rotters Club" markiert einen Meilenstein in der Canterbury Szene, in die Jakszyk als Ex-Mitglied von The Tangent selbst schon involviert war. Die Lyrics, die nach der Beisetzung Pyles entstanden sind, lesen sich als Ehrerbietung an den 2006 Verstorbenen. Der Rotters Club schließt nun endgültig seine Pforten.
1 Kommentar
Vom Grundsatz her guter Ansatz; recht eingängige Sachen einzuspielen und Fripp dazu ein paar Tracks beisteuern zu lassen. Ich denke wenn Fripp etwas federführend einspielen würde, wäre es an der Grenze der Unanhörbarkeit- wie eigentlich die Vroom/Thrak Sachen.