laut.de-Kritik
Bay versinkt in der Bucht der Tränen.
Review von Lena BayerDie meisten Lieder handeln von der Liebe. Bei einem Singer/Songwriter wie James Bay erst recht. Doch auf "Leap" verpackt der Brite seine (wahrscheinlich) echten Emotionen in Phrasen, wiederholt und verirrt sich in seiner Gefühlsduselei, um schließlich in der Bucht der Tränen zu versinken. Auch musikalisch fehlt teils das "Electric Light" am Ende des Tunnels.
Im Opener "Give Me The Reason" stellt Bay direkt die (rhetorische) Frage "Am I staying or leaving?" Dafür und gleichzeitig dagegen spricht folgendes: "Oh, but we laughed so hard / Then you broke my heart". Der typische Es ist vorbei, aber irgendwie auch nicht-Song bietet lauter solcher abgedroschener Lines, die ihm gegenüber mehr für eine gewisse Gleichgültigkeit als Empathie sorgen.
Ähnlich dramatischer Aufbau, ähnlich kitschiger Text: "Nowhere Left To Go" bietet zuckersüß gemeinte, aber leicht übertriebene Vergleiche: "Baby when I see you up close / The wonders of the world don't come up close". Weiter krächzt Bay: "You're from another planet and I want you, want you". And I want you this to end. Now.
Nein, besser wird hier nicht mehr viel. Außer kurz bei "Save Your Love", das mit einem angenehmen Gitarrengeklimper auffällt. In "Everybody Needs Someone" wünscht sich James dann die eine Person, die sich alle wünschen: "Someone when the night is long / Half a lonely soul to make my heart whole". Ähnlich bei "One Life", daher dürfen die Ohren einmal geschont werden. Dann wartet das emotional weniger aufgebauschte "Silent Love". Hier hält sich Bay textlich genauso wie in der Liebe zurück: "I wanted to hold you / But I never told you".
Bei all dem Herzschmerz könnte fast die Vermutung aufkommen, dass es die Liebe mit dem armen James nicht allzu gut meint. Doch "Love Don't Hate Me" scheint das Gegenteil zu beweisen. Wie brillant für ihn. "Brilliant Still" hingegen klingt seine Hommage an die Selbstliebe im gleichnamigen Song.
Danach ergibt es keinen Sinn mehr, auf die Lyrics zu achten. Für eine Person, die in der Text-oder-Melodie-Debatte meist mit dem Text gehen würde, eine mindestens genauso schwere Aufgabe, wie für James Bay etwas Variation in dieses Album zu bringen. Aber "Right Now" scheint das eine gute Übung und irgendwie die logischste Konsequenz zu sein. Bei dem Track fallen vor allem der Soul, die Streicher im Hintergrund und die starke Stimme von Bay in den Höhen auf.
"We Used To Shine" birgt noch nicht den ersehnten Schimmer am Ende des Tunnels, dafür die folgenden "Endless Summer Nights". Nach denen sehnt sich eben jeder. Auch James, der hier seine Lines schneller spricht und dazu ein paar erfrischende E-Gitarren einsetzt. Langsam wird es "Better". Allerdings erreicht der letzte Track nicht ganz seinen Höhepunkt. Immer wenn der Brite mit seiner Stimme nach oben geht, sollte in der Vorstellung die Explosion folgen. In der Realität passiert das nicht, stattdessen endet der Song wie das Album recht unspektakulär. Das ist vielleicht auch better so.
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