laut.de-Kritik
Für Harry Potters Plattenspieler.
Review von Stefan Mertlik"Star Wars" begrüßte die Zuschauer mit Lauftext und legendärem "Main Theme", ohne die Fanfaren wäre Rocky Balboas Training nur halb so aufputschend, und Danny Elfmans "Batman Theme" verwandelte Michael Keaton schon 16 Jahre vor Christian Bale in den dunklen Ritter. Filme entfalten ihre ganze Wirkung erst in Kombination mit Musik.
Auch die "Harry Potter"-Reihe punktet mit Filmmusik, die Fans immer wieder für Pen-&-Paper-Abende zweckentfremden. John Williams komponierte einen Soundtrack, der freundlicher als Howard Shores "Herr der Ringe"-Arbeit, aber nicht weniger episch klingt. Große Fußstapfen, die James Newton Howard zu füllen hatte, als er 2016 für das Potter-Spin-Off "Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind" komponierte.
Den Kopf über mangelnde Kompetenz musste sich Howard vor Dienstantritt nicht zerbrechen. Er unterlegte bereits Kinoerfolge wie "Die Tribute von Panem", "The Sixth Sense" und "King Kong" mit Musik. Dabei spielten Genre-Grenzen nie eine Rolle. Sowohl auf den Gehaltslisten von Komödien als auch Dramen landete der Kalifornier in seiner weit über 30-jährigen Karriere.
Der Score zu "Fantastic Beasts: The Crimes Of Grindelwald" ist in seiner popkulturellen Tragweite nicht zu unterschätzen. Potter-Anhänger erwarten, dass Howard abliefert. Und das hat er. Wer bereits in den Genuss von klassischen Film-Soundtracks kam, weiß, was ihn auf "Grindelwalds Verbrechen" erwartet: Einprägsame Hymnen, Laut-leise-Dynamik und Songtitel, die die Filmgeschichte in Stichworten nacherzählen.
Das zweiminütige "Dumbledore" beginnt geheimnisvoll, schwenkt dann aber in eine rauschhafte Melodie um, zu der Hogwarts' Schulleiter mehr als nur Klassenarbeiten korrigieren sollte. Auch "Nagini" baut sich langsam auf, stürzt dann aber in eine von Streichern getragene Dramatik, die Lord Voldemorts menschenfressender Schlange gerecht wird. "Irma And The Obscurus" dreht mit Chorälen völlig auf, und das nervenaufreibende "Matagots" klingt, als befinde sich die titelgebende Katze im Verteidigungsmodus.
Im Vergleich zum ersten Teil bringt "Grindelwald" weniger eindrucksvolle Melodien hervor. So bleiben am Ende der 77 Minuten hauptsächlich die Tonfolgen in Erinnerung, die bereits aus "Phantastische Tierwesen" bekannt sind. Bestes Beispiel hierfür ist die kurze Rückkehr von "Newt's Theme" in "The Kelpie". Die drei Bonusstücke sind zudem Pianoversionen von Liedern, die ebenfalls aus dem Vorgänger stammen.
Ihren Zweck erfüllen die 25 Anspielpunkte dennoch. Der Soundtrack erzählt die Geschichte von "The Crimes Of Grindelwald" – mit allen erzählerischen Höhen und Tiefen – in musikalischer Form nach. An die Klasse des Vorgängers kommt Howard mit diesen qualitativ hochwertigen Kompositionen trotzdem nicht heran.
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