laut.de-Kritik
Electrofolk, der die Klischees von Mutterliebe gnadenlos seziert.
Review von Kerstin KratochwillFür die Aufnahmen zu diesem Album ist Jesca Hoop aus dem verregneten Manchester in ihren Geburtsort gegangen und nahm "Stonechild" im sonnigen Kalifornien auf: Dem Klischee nach hätten nun luftige leichte Songs entstehen müssen, doch das fünfte Album der Sängerin und Songwriterin ist eine düstere sowie durchdachte Auseinandersetzung mit dem Thema (und Klischee) Muttersein geworden. Flankiert wird diese von sanftem Electropop und schrägem Folk.
Im Folk-Genre ist Mutterschaft seit jeher ein großes Motto, basieren doch viele Songs auf improvisierten Kinderliedern: Hoops Tracks sind dann auch eine Art Schlaflieder geworden, aber keine, die trösten, sondern solche, die die Alpträume der Mütter beschreiben und dort hingehen, wo kein Instagram-Bild inszenierten Elternglücks hingeht.
So singt Hoop eindringlich in "Old Fear Of Father" die ehrlich schmerzhaften Zeilen einer Mutter: "I love my boys more than I love my girl / She knows like I knew". Und weiter heißt es in dem Song, der den Sexismus mancher Frauen anprangert: "I'll shape and mold you so you can get the ring while you’re still pretty".
Produziert wurde dieser ernste, teilweise gespenstische reduzierte Electrop-Pop von John Parish, der bereits Alben von PJ Harvey oder Aldous Harding den letzten Schliff verpasste und diesen komplexen Texten hier einen oft fast zärtlichen Sound. Bereits der Titel "Stonechild" kündigt präzise von der harten Auseinandersetzung mit der Thematik, denn es spielt auf das Phänomen Lithopädie an. Ein so genanntes Steinkind ist ein Fötus, der während der Schwangerschaft verstirbt und im Mutterleib verbleibt. Über Jahrzehnte können diese unbemerkt bleiben.
Und so ist der Albumtitel die perfekte Umschreibung der Lyrics in nur einem Wort: Jesca Hoops Lieder kreisen um die Angst sowie den Terror, der versteinert hinter den Klischees von Mutterliebe lauert.
1 Kommentar mit 2 Antworten
AvH lookalike
Jesca gehört wie auch AvH natürlich zu den Guten!
Der bisherige musikalische Output von ihr, ist aber kaum oder gar nicht mit dem von AvH zu vergleichen.
Albung wird natürlich angehört.
Hab tatsächlich nur kurz reingehört und hab es so empfunden.
AvH ist normal sowieso unvergleichlich, schon klar