laut.de-Kritik

Hier schmiert jegliches Gefühl ab.

Review von

Sein größtes musikalisches Vorbild sei Justin Timberlake, liest man immer wieder. Ob das gut gehen kann, wenn jemand versucht einem ähnlich zu sein, der sich ebenfalls nah an ein Vorbild anlehnt? Eher nicht, ist die nüchterne Bilanz nach einem erzwungenen Hördurchgang von McCartneys Solo-Debüt.

Genau wie Justin sang auch Jesse bereits in Boygroups, die allerdings nur in ihrer Heimat Amerika so richtig die Kassen klingeln ließen. Von einem Soloalbum erwartet er sich jedoch größere Freiheiten, ließ er verlauten. Und arbeitete gleich mal an vier der vierzehn Songs mit. Doch warum, muss man sich zwangsläufig fragen, macht jemand, der sich endgültig aus den Klauen der Boygroup-Mechanismen befreien konnte, genau den Sound, der so typisch für eben jene Gattung ist?

Schon die Backstreet Boys mischten tanzbaren Pop mit R'n'B-Häppchen und streuten ein paar Balladen ein. Verziert wurde alles mit schmachtenden Boy meets Girl-Texten. Nichts anderes schustert nun McCartney zusammen. Abgesehen davon, dass er noch ein wenig Motown und eine ordentliche Prise Jacko einfließen lässt. Vielleicht liegt die Antwort in den Zahlen - in Amerika verkaufte sich dieser lauwarme Aufguss bereits über eine Million mal.

Aalglatt produziert eröffnet das bedeutungslose "She's Not You" das Album. Der Titeltrack macht noch ein wenig Hoffnung, hört er sich doch fast an, als würden hier Destiny's Child oder TLC gesamplet.

Leider versinkt auch dieses fröhliche Intermezzo hinter den polierten restlichen Spuren des Songs. Bei der verzweifelten Rock-Gitarren-Einlage ist dann endgültig Schluss. Ich habe schon nach dem zweiten Song keine Lust mehr auf diese Spiegelflächen von Songs. Hier schmiert jedes Gefühl ab, wie an einer Teflon-Oberfläche.

Natürlich ist technisch an Jesses Gesang absolut nichts auszusetzen. Ist nach jahrelanger harter Schule auch nicht anders zu erwarten. Er kann akzentuieren, scharfe Spitzen setzen, doch am Ausdruck und den Emotionen hapert es. Die Songs kennen scheinbar nur zwei Richtungen: Der eine Weg führt zur Upbeat-/Dance-Nummer, der andere in einen kuscheligen Lovesong. Technisch perfekt. Niedlich. Mehr nicht.

Trackliste

  1. 1. She's no you
  2. 2. Beautiful soul
  3. 3. Get your shine on
  4. 4. Take your sweet time
  5. 5. Without you
  6. 6. Why don't you kiss her?
  7. 7. That was then
  8. 8. Come to me
  9. 9. What's your name?
  10. 10. Because you live
  11. 11. Why is love so hard to find?
  12. 12. The stupid things
  13. 13. Good life
  14. 14. Best day of my life

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