laut.de-Kritik
Was für eine Stimme! Und was für eine saumäßige Produktion!
Review von Giuliano Benassi"Was für eine Stimme! Aber was für eine saumäßige Produktion," ist der Gedanke, der beim ersten Anhören des neuen Jewel-Albums "This Way" aufkommt. Ein Eindruck, der sich leider auch beim zweiten und dritten Mal bestätigt.
Denn die Platte ist eindeutig überproduziert. Irgendwo zwischen Pop, Country und Rock (mit Schwerpunkt auf Pop) angesiedelt, schielt sie mit leicht verdaulichen Arrangements auf die oberen Positionen der Charts. Ein Schritt, den Jewel gar nicht nötig hätte, denn der Vorgänger "Spirit" hat sich mit seinem eher an Folk orientierten Sound zigmillionenfach verkauft.
Ein Schritt in die falsche Richtung also, den die Songwriterin aus Alaska im Booklet als "vielseitige und idiosynkratische Aufnahme" bezeichnet. Was daran so besonders sein soll? Auf das folk-rockige Gitarrenriff des ersten Liedes folgen unnötige, schwachbrüstige Beats, Tracks drei und elf scheinen von Melissa Etheridge geklaut, Tracks vier und acht sind Balladen, bei denen der Schmalz tonnenweise aus den Lautsprechern trieft. An fast jedem Lied gibt es etwas auszusetzen.
Schafft man es jedoch, die Begleitmusik weg zu denken und sich auf Texte und Melodien zu konzentrieren, finden sich viele interessante Stellen. Vor allem bei den Lyrics, die sich zwar hauptsächlich mit Beziehungen zwischen Mann und Frau befassen, in denen Jewel aber immer wieder mit trockenem Humor brilliert. "Er sah aus wie eine in Jeans gestopfte Kartoffel", heißt es in "Everybody Needs Somebody Sometime", "They say that Jesus loves you. What about me?" in "Jesus Loves You". Oder: "She lived under the disco discount store / with pictures of Randy Newman scatteres all across the floor / I said: "this place looks kind of desolate" ("Do You Want To Play").
Wie das Album hätte sein können enthüllen die letzten zwei Lieder, die ironischerweise als Bonus Tracks ausgezeichnet sind. 2001 live aufgenommen und solo mit Akustikgitarre vorgetragen, handelt es sich um Material aus Jewels Anfangszeiten. "Grey Matter" beginnt wie "Homeward Bound" von Simon & Garfunkel, "Sometimes It Be That Way" erinnert vom textuellen Aufbau her an Bob Dylans "Desolation Row." Ihr einfaches, aber wirkungsvolles Gitarrenspiel sowie ihre warme, romantische, aber nie weinerliche Stimme kommen hier voll zur Geltung.
Schade. Die einzige Hoffnung ist, dass Jewel ihr Talent nicht mit weiteren Platten dieser Sorte vergeudet.
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