laut.de-Kritik
Verführerischer Gesang im pulsierenden Ambiente.
Review von Martin LeuteMit ihrem Debüt "Real Life" und dem Nachfolger "To Survive" hat Joan Wasser aka Joan As Police Woman mit kunstvollem Pop, der zumeist das Piano ins Zentrum ihres Schaffens rückte, bereits restlos überzeugt. Mit ihrem dritten Werk "The Deep Field" geht sie nun auf gewohnt hohem Niveau und mit ihrer wunderbaren Stimme einen Schritt weiter.
Ihre Affinität zum Soul nimmt einen größeren Raum ein, während Wasser gleichzeitig ihr Songwriting in ein vielseitigeres und pulsierendes Soundgewand bettet, für das sich die unterschiedlichsten Musiker verantwortlich zeichnen. "I wanted the music to feel free", konstatiert Wasser und bringt den organischen Sound aus Orgel, Schlagwerken, Streichern, Bläsern, Bässen und Gitarren auf den Punkt.
Der Opener "Nervous" offenbart unmittelbar ihr neues Selbstverständnis, wenn der flächige Song nach einführenden Tribal-Klängen in aggressiv anmutende, eingängige E-Gitarren-Schläge und psychedelisch angehauchte Instrumentallandschaften mündet, in die sich Wassers verführerischer Gesang harmonisch einfügt.
Das Album besticht auch im weiteren Verlauf mit spannungsvollen Dramaturgien, die aus dem Zusammenspiel der sich großartig windenden Melodien und den lebhaften Arrangements resultieren.
So wird die auf die Tanzfläche lockende Single-Auskopplung "The Magic" von lebhaften Drums und einer famosen Orgellinie geführt und von der widerborstigen E-Gitarre in eruptive Höhen getrieben. "The Action Man" glänzt mit lässigem Bläsersatz, "Run For Love" mit kühlem Beat und unruhiger Klangfläche. Und trotz des Facettenreichtums und der daraus resultierenden Reibungsflächen verliert diese Künstlerin die Kohärenz nie aus den Augen.
Die Annährung zum Soul offenbart sich beispielhaft in weniger aufgeregten Stücken wie "Kiss The Specifics" und "Chemmie", die mit tollen Background-Gesängen ausgestattet sind, sich aber nie allzu einseitig dem Genre Soul verpflichtet fühlen. Daneben wartet Wasser mit abgründig-gefühlvollen Nummern auf ("Human Condition","Flash", "Forever And A Year"), die auch der menschlichen Traurigkeit und Verletzlichkeit den gebührenden Platz einräumen.
"I smile at strangers knowing it's alright/ When they smile right back at me/ I know we agree /That good living requires smiling at strangers" intoniert Joan Wasser in "Human Condition". Genau das ist es, was man auch dieser durchweg gelungenen Platte attestieren möchte: Musik zwischen Geschmeidigkeit, Nachdenklichkeit und Irritation, die instrumental wie lyrisch von der Wirrnis des Lebens zu berichten weiß, ohne dass ihr das Lächeln und die Lebensfreude gänzlich abhanden käme.
1 Kommentar
Wurde aber auch mal langsam Zeit für eine Review, da die Platte bereits am 21. Januar veröffentlicht wurde. Das zweite Corinne-Bailey-Rae-Album zum Beispiel wurde nie hier rezensiert. Schönes, sehr warmes und spannend komponiertes Album, das am Ende dann doch etwas nachlässt, aber nur in Sachen Eingängigkeit. Die letzten Songs bleiben bei nämlich nicht mehr so richtig hängen. Die Qualität bleibt jedoch bis zum Schluss erhalten. Für ein "geschmackvolles" Album für Bildungsbürger ab 30, wofür ich es dennoch halte (ich selbst bin 23), ist es aber eine tolle Leistung! 4/5