laut.de-Kritik
Der Irak ist das neue Vietnam.
Review von Giuliano BenassiDas erste Studioalbum seit sieben Jahren des ehemaligen Kopfes von Creedence Clearwater Revival bietet nicht nur im Titel den Eindruck, alles schon einmal erlebt zu haben. Das Coverbild ist auch im Inneren zu finden und dürfte aus den 70er Jahren stammen, die Gesamtlänge von 34 Minuten gehört eher in die Zeiten der LP, Booklet, Gestaltung und Arrangements haftet der Geruch der Vergangenheit an.
Der sich unangenehm verwest durch das erste Lied zieht. "Jeden Tag höre ich die Stimmen lauter werden. Sie begannen mit einem Flüstern, wie schon zuvor. Jeden Tag zählen wir die Toten und Sterbenden, befördern die Leichen nach Hause, während die Fernsehsender die Statistik aktualisieren", verkündet Fogerty im ersten Stück, das gleichzeitig den Titeltrack stellt. Die Botschaft ist deutlich: Die Situation im Irak entwickelt sich zu einem neuen Vietnam, also zu einem Deja Vu-Erlebnis.
Zwar weist Fogerty die Schuld nicht explizit George W. Bush zu, die Veröffentlichung des Albums kurz vor der Präsidentschaftswahl 2004 und seine Auftritte zugunsten des Herausforderers John Kerry machen seine Sympathien aber deutlich. Was auch erklären könnte, warum das Album so kurz geraten ist und das Material recht unterschiedlich ausfällt: Die Platte musste rechtzeitig raus, um die Botschaft des Titelliedes zu unterstützen.
Als einer der begabtesten Liederschreiber seiner Generation gelingt es Fogerty aber, mehrere überzeugende Stücke hinzu zu fügen. Wie gewohnt vertraut er der Grundstruktur aus akustischer Gitarre, Bass und linearem Schlagzeug, spielt zudem viele Spuren selbst ein, schafft es dennoch, Leben und Frische in sein Material zu hauchen. Klar, Erinnerungen an CCR kommen immer wieder auf, wie auch an Doors ("Radar") und Jimi Hendrix ("In The Garden"). Angesichts der Schwemme an jungen Bands, die auf Who, Velvet Underground oder Sex Pistols machen, ist aber das kaum verwerflich.
Gut gelaunt handelt "Sugar Sugar" von Liebe, während das elektrische "She's Got Baggage" von einer nervigen Frau erzählt. In "Radar" und "Honey Do" befasst sich Fogerty augenzwinkernd mit der Bürde des Mannes, seiner Frau gehorchen zu müssen ("If she gets me in her sight, I'll be working all day. No time to take a snooze, or watch a football game").
Das sozialkritische "Nobody's Here Anymore" begleitet Mark Knopfler mit seiner Gitarre. Passend zum Album hört sich sein Beitrag wie eine frühe Version von "Sultans Of Swing" an. "I Will Walk With You" mit Dobro- und Mandolinenbegleitung weist starke Bluegrass-Einflüsse auf und liefert einen der besten Momente. Die Spaßtexte des Country-Stücks "Rhubarb Pie" und des bluesig-rockigen "Wicked Witch" bieten eine kurze Pause, bevor das Album mit dem angehärtet psychedelischen "In The Garden" zu Ende geht.
"Deja Vu All Over Again" lässt sich kaum mit dem Vorgänger "Blue Moon Swamp" (1997) vergleichen, der wesentlich mehr aus einem Guss klang. Fogerty bestätigt aber, dass er das Trauma und die Bitterkeit der langwierigen Streitereien um CCR hinter sich gelassen hat. Bei der Veröffentlichung knappe 60 Jahre alt, macht ihm das Musizieren offensichtlich wieder Spaß. Hoffentlich erweitet sich das Deja Vu-Erlebnis auch auf die Bühne. Ob Fogerty sein Material auch in Europa live vorstellt, steht im Oktober 2004 aber leider noch nicht fest.
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