laut.de-Kritik
Rock-Wonneproppen mit Sechssaiter-Schlachtplatte.
Review von Giuliano BenassiWie ein Gitarrenheld sieht Johnny Hiland wirklich nicht aus. Eher wie eine Karikatur des Fatboy Slim-Covers zu "You've Come A Long Way, Baby". Doch zum Glück erweist sich der erste Eindruck nicht immer als richtig.
Schon der Opener "Barnyard Breakdown" ist eine Sechssaiter-Schlachtplatte erster Güte. Kaum zu glauben, dass dieser wohlgenährte Wonneproppen so mit einer Gitarre umgehen kann – vergnügt, energiegeladen, virtuos. Kein narzisstischer Shred-Gitarrist, wie es sie zur Genüge gibt, sondern ein selbstbewusster Musiker, der auf eigenen Füßen steht.
Wobei er Obershredder Steve Vai Vieles verdankt. Nicht nur den Vertrag für sein erstes Album 2004 und gemeinsame Auftritte, sondern auch Bassisten Stu Hamm und Schlagzeuger Jeremy Colson. Fügt man noch hinzu, dass die Produktion jener Mike Varney übernahm, der schon so ziemlich jeden Solo-Gitarristen in seinem Studio hatte, ergibt sich die beste Grundlage für ein gelungenes Album.
Und das ist "All Fired Up" zweifellos. Doch so gut die Technik Hilands auch ist – sie ist Mittel zum Zweck. Im Gegensatz zu seinem langjährigen Förderer verliert er sich nicht in esoterischen und arg gekünstelten Klangwelten, sondern setzt eher auf Stimmung. Verstärker an, Gitarre eingestöpselt und los.
Die gelegentlichen Hard Rock-Nummern gehen vermutlich auf das Konto Varneys und weniger auf das Hilands, der eher auf Country steht und ein Lehrbuch mit dem bezeichnenden Titel "Chicken Pickin'" herausgebracht hat. Nach dem Feuerwerken von "Barnyard Breakdown" und "All Fired Up" ist in "Bakersfield Bound" Nashville-Atmosphäre angesagt. Ein Wechsel, der sich durchs gesamte Album zieht.
Spätestens bei "Minor Adjustments" tun einem allein durchs Zuhören die Finger weh, doch Hiland lässt sich nicht beeindrucken und macht munter weiter. "Six String Swing" hält, was der Titel verspricht, "Double Stoppin'" steht dem in nichts nach. Das abschließende "Bluesberry Jam" gibt auch den anderen drei Beteiligten die Möglichkeit, sich auszutoben.
Erstaunlich, wie gut die Platte in Trio-Besetzung – mit gelegentlichen Keyboard-Einlagen im Hintergrund – und ohne Stimme auskommt. In diesem Sinne sind die tendenziell radiotauglichen und gesungenen beiden Bonustracks zum Schluss unnötig. Dennoch ist Johnny Hiland beim dritten Anlauf ein wirklich hörenswertes Werk gelungen. Wie er aussieht, spielt da wirklich keine Rolle.
1 Kommentar
Ich will nicht bestreiten, daß Johnny Hiland wirklich was auf dem Kasten hat und daß die vier Punkte definitiv gerechtfertigt sind, aber es wäre schon ziemlich gut, wenn das Video das auch untermauern würde, wenn denn schon verlinkt wird.
Das, was Hiland hier zum Besten gibt, dürfte so ziemlich zum Minderwertigsten gehören, das im Netz von ihm zu finden ist. Klar - er paßt sich hier natürlich an, immerhin stielt er der Attraktion des Abends nicht die Schau (und deshalb waren wohl auch genug Leute im Publikum), aber mit eigener Band oder solo reißt der ganz andere Dinge.
Da weiter oben den Namen Vai fallen lassen und dann ein Solo präsentieren, das auch drittklassige Gitarristen zustande brächten, geht irgendwie gar nicht zusammen.
Übrigens: schön, hier was über Johnny Hiland zu finden
Gruß
Skywise