laut.de-Kritik
Selbst den Blick ins Schlafzimmer wagt der Schwede nur mit 3-D-Brille.
Review von Kai ButterweckJonas Myrin ist eigentlich kein Mann fürs Rampenlicht. Als sich der Schwede bei den diesjährigen Grammy-Awards auf dem roten Teppich den Dutzenden Fotografen präsentierte, huschte nur selten ein selbstbewusstes Lächeln über seine Lippen. Für den smarten Newcomer aus Örebro, der sich in den vergangenen Jahren als Songwriter primär für andere Kollegen (Natasha Bedingfield, Snow Patrol, Athlete) ins Zeug legte, sind derartige Here-I-am-Auftritte noch Neuland.
Das soll sich nun aber ändern: "Viele Musikgrößen wollten unbedingt meine neuen Lyrics, aber die Lieder sind einfach zu ehrlich. Es ist wie mein Tagebuch", sagt der Schwede. Und so steht mit dem Album "Dreams Plans Everyting" erstmals ein musikalisches Werk in den CD-Regalen mit Jonas Myrins Gesicht auf dem Cover.
Eher unspektakulär, von der Seite fotografiert, macht das Bild des jungen Musikers auf den ersten Blick nicht sonderlich viel her. Um so pompöser präsentiert sich dann aber der Inhalt. Zwar kommt der eröffnende Titeltrack noch mit verhältnismäßig dezenten Arrangements aus, doch keine viereinhalb Minuten später bläst dem einem das High End-Equipment eines kompletten Studios um die Ohren ("Day Of The Battle"). Zwischen beschwingtem Pfeifen und Lady Gaga-OhOhOhs, türmen sich auf einmal allerlei Beats und Synthies zu einem aufgebauschten Pop-Skyscraper auf.
Den fehlenden Wiedererkennungswert seines Organs kompensiert Myrin mit reichlich Hall. Auch die zahlreichen Key-Flächen und die immer wieder auf- und abtanzenden Plastikrhythmen im Background wandern durch nahezu jedes verfügbare Effektprogramm ("Dead Alive", "Elephants & Drum Machines", "Prisoner").
Selbst den Blick ins Schlafzimmer wagt der Schwede nur mit getönter 3-D-Brille ("Broken Is Beautiful"). Respekt für all jene, die bei einem dermaßen aufgeplusterten Wirrwarr aus schmachtenden Zick-Zack-Violinen und flächendeckenden Synthies noch auf romantische Gedanken kommen können. Auf dem anschließenden "The Astronaut" bemüht sich der Sänger um Wiedergutmachung. Der Zug ist allerdings schon längst abgefahren, und mit ihm zahlreiche einsame Weltallbummler und gebrochene Damenherzen, die sich auf der Suche nach tröstenden Melodien an die Fersen anderer Klangheilsbringer der Neuzeit heften werden.
Ganz klassisch: Weniger wäre mehr gewesen. Wie ein Kleinkind im Legoland baut sich das Nordlicht ein riesengroßes Gebilde zusammen, ohne dabei aufs Statik-Einmaleins zu achten. Am Ende fällt nahezu alles in sich zusammen. Doch während die Eltern des Lego-Zwergs aufmunternd klatschen, macht sich der Myrin-Hörer schnell aus dem Staub.
1 Kommentar
ICH LIEBE JONAS MYRIN!!!!!!