laut.de-Kritik
Letztlich zählen doch nur die Vibes ...
Review von Dani FrommZurück zu den Wurzeln? Aber gerne doch! Wer sich auf der Suche nach einem ganz klassischen Roots-Reggae-Album befindet, der greife getrost zu "Rasta Still De 'Bout". Josie Mel präsentiert zwar weder bahnbrechende musikalische Innovationen, noch verfügt er über eine besonders begnadete Singstimme, und doch: Sein zweites Album hilft dabei, den in den herbstlichen Nebeln entschwindenden Sommer noch ein wenig länger im Gehör zu behalten. Letztlich zählen doch nur die Vibes - und die landen in diesem Fall absolut auf der guten Seite.
Das gebotene Handwerk lässt wenig Raum für Nörgelei: Erstklassige Musiker erstellen die Soundkulisse für Josie Mel; unter ihnen Mitglieder der Fire House Crew, der viel gerühmten jamaikanischen Backing-Band, die unter anderem bereits mit Sugar Minott oder dem unvergleichlichen Jah Shaka zusammenarbeitete. Effektvoll arrangierte Bläsereinsätze kontrastieren geschickt von Gitarre und Keyboards vorgegebene Strukturen, dazu gesellen sich volle, warme Bässe, hin und wieder wohldosierte weibliche Backgroundstimmen und, wie in "All Over Your Face", der eine oder andere dubbige Effekt. Die Riddims, teils neu, teils (aus Anthony B.s "My Hope") bereits bekannt, eröffnen keine Horizonte, werden aber in einer Weise ansprechend präsentiert, dass keinerlei Langeweile aufkommt. Das Konzept der beiden Produzenten Andreas "Brotherman" Christophersen und Lynford "Fatta" Marshall geht also durchaus auf.
Als "tragend" wird man Josie Mels Gesang nicht unbedingt bezeichnen; er überzeugt weniger mit Stimmvolumen denn mit Authentizität und unüberhörbarer Begeisterung. Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Reggae-Künstlern befleißigt sich Josie Mel einer deutlich weniger breiten Variante des Patois, so dass auch im Jamaikanischen Ungeübte seinen Texten problemlos folgen können. Josie Mel berichtet von den kleinen Freuden des Alltags ("Wonderful World") und von persönlichen Erfahrungen ("All Over Your Face", "I Feel Better") ebenso glaubwürdig, wie er die alles beherrschenden Themen Liebe und Religion besingt.
Man muss kein Rastafarian sein, um die Kraft zu spüren, die in aus Überzeugung vorgetragenen Lobpreisungen an Jah, the Most High, steckt. Von dieser Sorte enthält "Rasta Still De 'Bout" reichlich: angefangen beim Titeltrack, den Josie Mel gemeinsam mit Luton Fyah bestreitet. Wie immer klingt dieser, als habe er seine Stimme mit feinem Sandpapier bearbeitet; die beiden harmonieren in dem ausgesprochen gutgelaunten Tune wunderbar. Einziger weiterer Gastsänger ist Smokie Benz dessen gepresstes, leicht heiseres Organ einen passenden Gegenpart zum gesungenen Refrain von "When I Pray" bildet - auch dies (neben, wie die Titel unschwer erkennen lassen, "He Lives", "Hail H.I.M." und "Consecrete Yourself") ein Stück, bei dem der religiöse Aspekt im Vordergrund steht.
Bei aller Spiritualität sollte man allerdings das Vergnügen nicht vernachlässigen, denn, wie Freund Gentleman einst bemerkte: "Dis is a positive movement!" Bei Josie Mel kommen demnach auch die Freuden des irdischen Daseins nicht zu kurz. "Let's Party" lässt grinsen: Die Aufforderung "Everybody get ready / Don't be lazy / Get up and shake your body" wird derart chillig-entspannt vorgetragen, dass man sich fragt, wer hier eigentlich "lazy" ist.
"Rasta Still De 'Bout" klingt langsam aus. Hört man in "I Love You" noch ein eher durchschnittliches Liebeslied, erweist sich die abschließende Schnulze "Why?" mit nahezu Barry-White-mäßig anmutendem Intro als echte Perle. Bei einem solchen Ende kann ein Album nur positiv im Gedächtnis bleiben.
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