laut.de-Kritik
Musik, wie geschaffen für Morningshows im TV.
Review von Frieder HaagJulian Le Play übernahm seinen Künstlernachnamen von einem französischen Soziologen des 18. Jahrhunderts, der sich mit den Verhältnissen im europäischen Bergbau beschäftigte und dafür umfangreiche Forschungsreisen unternahm. Auch der Le Play des 21. Jahrhunderts unternimmt Reisen, etwa nach Sri Lanka, um dort eine Schreibblockade zu überwinden. Nach vier Jahren Funkstille erscheint nun das vierte Album des Wiener Popsängers.
Anders als beim Namensvetter wird sich in 200 Jahren aber wohl niemand mehr an dieses Werk erinnern. Le Play singt, schreddert und klimpert munter vor sich hin, viel hängen bleibt aber nicht. Dabei zeigt sich die musikalische Grundausrichtung durchaus vielfältig. Auch, dass die Songs mit verschiedenen Künstlerinnen und Künstlern komponiert wurden, verleiht eine individuelle Note.
Trotzdem formt Julian jeden Song so radiotauglich, dass ihm alles abgeht, was vielleicht spannend sein könnte. Das freut zwar Le Plays ehemalige Kollegen bei Hitradio Ö3, interessante Ideen werden so aber oft von belanglosen 'Huuh-Whoah'-Refrains überfahren. Diese machen etwa die Hip Hop-Einflüsse auf "Millionär" zunichte. Kommt der Verse hier noch mit groovenden Drums daher, ist spätestens im Refrain wieder klar, wohin die Reise geht.
Julians Patentlösung für jegliche Sorgen: "No More Drama" an die Wand malen. Keine schlechte Idee, schläft bei derlei Inhaltsleere doch jeder Konflikt schon aus Langeweile ein. Und wie es sich für eine Popplatte gehört, bietet Julian Le Play einen Soundtrack für alle Gefühlslagen. Ob ein kurzer Flirt, die große Liebe, lange Nächte oder Fernreisen, alles wird geboten, auch Herzschmerz - wobei der 'Es-geht-weiter'-Song "Bergauf" ehrlich und wenig kitschig daherkommt. Wenn Le Play dann noch ein bisschen nuschelt ("Stein Ins Meer"), erinnert er fast an Philipp Poisel.
"Team" ist eine klassischen Upbeat-Radio-Hymne. "So wie Beyoncé und Jay-Z", kämpft Le Play mit dem "Partner in Crime" gegen die Welt. Unterlegt von eingängigem Beat dudelt sich die Nummer direkt ins Ohr. Auch "Hellwach" bedient sich klassischer Pop-Elemente, schlägt dabei jedoch sanftere Töne an. Das Duett mit Toksi kombiniert eine ruhige Gitarre mit interessant arrangierten Percussions.
Musikalisch zeigt sich zwar eine Weiterentwicklung, weg von den Akustik-Wurzeln, der Österreicher bleibt aber trotzdem betont bodenständig. Und tatsächlich gibt es rein fachlich wenig zu kritisieren. Die Lieder sind handwerklich gut gemacht, die Texte weder unangenehm tiefsinnig noch besonders plakativ. Aber sollte Julian Le Play vorgehabt haben, wirkliche Emotionen zu wecken, ist ihm das Vorhaben gründlich missglückt.
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