laut.de-Kritik
Eine wunderbar warme, betörende, stellenweise melancholische Stimme.
Review von Giuliano Benassi"Genius", "A work of sublime beauty", "Sheer perfection", "A star" - Hyperbeln, die vor allem im angelsächsischen Raum gerne verwendet werden, um sowohl Bücher als auch Platten mit Aufklebern zu versehen und an hochrangiger Stelle in den Verkaufsregalen zu platzieren. Über den qualitativen Inhalt sagen solche Sätze natürlich wenig aus. Eher deren Herkunft, wobei sich Rolling Stone oder NME zuverlässiger erweisen als RTL oder Bravo.
Mit einem solchem Sticker ist Kathryn Williams "Little Black Numbers" versehen. Kaum noch nötig für eine Künstlerin, die gänzlich unbekannt mit ihrem selbst produzierten Werk für den renommierten Mercury Award nominiert wurde und seitdem für künstlerische Unabhängigkeit, den Sieg des Einzelnen gegen die Masse und Ähnliches steht.
Schön ist das Album allemal. Williams ist eine klassische Singer/Songwriterin, die an der Gitarre zwar nicht so gut kann, wie sie selbst zugibt, dafür aber eine wunderbar warme, betörende, stellenweise melancholische Stimme besitzt und die Fähigkeit hat, sich mit den richtigen Leuten zu umgeben. Einfach, aber sehr wirkungsvoll arrangiert, ist neben Gitarren, Stimme und Rhythmusgruppe auch ein Cello zu hören, das den Klang sogar noch geborgener macht.
Einzelne Lieder fallen dabei kaum auf. Spanisch klingende Einflüsse in "Soul To Feet", eine kirchliche Orgel auf "Jasmine Hoop", ein gezupftes Cello und engelhafte Background Vocals in "Fell Down Fast", das vor sich hin schmelzende "Flicker" - die Lieder dieses Albums funktionieren sowohl alleine als auch nacheinander gespielt.
Stellenweise erinnert Williams an ihren Landsmann Nick Drake, ohne jedoch in dessen manische Depressionen zu fallen, manchmal auch an Jewel, ohne in ihr poppiges Trällern abzudriften. Einfühlsam, aber nicht kitschig, sensuell, aber nicht provokativ, erinnert sie in dieser Hinsicht an ihre US-amerikanische Kolleginnen Suzanne Vega und Nathalie Merchant.
Ursprünglich im Eigenvertrieb schon 2000 erhältlich, wird "Little Black Numbers" nun von einem Major-Label vermarktet und vertrieben. Da bleibt nur zu hoffen, dass Kathryn Williams Spontaneität und Durchsetzungskraft in nächster Zukunft nicht verloren gehen. Wobei es schwierig ist, sich vorzustellen, wie sie dieses Album noch toppen kann.
Noch keine Kommentare